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Staatsdiener in der Warnstreikwelle

■ Die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes haben Aktionen ausgeweitet / Berufsverkehr behindert und Ämter lahmgelegt / 75.000 Beschäftigte beteiligten sich / Zimmermann droht mit Disziplinierung

Berlin(dpa/ap/taz) – Mit massiv ausgeweiteten Warnstreiks haben die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gestern bundesweit ihren Druck auf die Arbeitgeber im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen verstärkt. Über 75.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes legten am zweiten Aktionstag der ÖTV für die 35-Stunden-Woche kurzfristig die Arbeit nieder. Nach Angaben der Gewerkschaft fanden in 74 Städten Streikaktionen statt.

Die Arbeitsniederlegungen sollten am Dienstag vor allem die Verwaltungen treffen: „Das ist weniger spektakulär, aber um so spürbarer für die Arbeitgeber“, sagte ein Sprecher der ÖTV. In Köln streikten morgens 6.000 Beschäftigte der Stadtverwaltung und der Arbeitsämter, in Düsseldorf befanden sich 1.000 Mitarbeiter der Stadtwerke im Ausstand. Ausgenommen war lediglich die Strom- und Wasserversorgung. In einem Münchner Kran kenhaus legten rund 700 Beschäftigte aller Bereiche die Arbeit nieder. In Bremen streikten 700 Kindergärtnerinnen. Lehrer und Angestellte von Sozialdiensten befanden sich ebenfalls im Ausstand. In Berlin kam es in fast allen Bezirken zu kurzfristigen Arbeitsniederlegungen bei den Bezirks- und Senatsverwaltungen.

In vielen Städten war der morgendliche Berufsverkehr lahmgelegt: Allein im Ballungsgebiet um Düsseldorf, wo 800 Fahrer und Bedienstete sowie das Werkstattpersonal streikten, waren über 200.000 Berufstätige und Schüler betroffen.

Auch die Gewerkschaft der Eisenbahner (GdED) beteiligte sich an den Warnstreiks. Vor allem in in München, Hamburg, Hannover und Stuttgart bewirkten die Arbeitsniederlegungen des Bahnpersonals zeitweise erhebliche Verspätungen der Nahverkehrszüge. Grundsätzlich könne gesagt werden, daß „die Streikfront steht“, sagte ein GdED- Sprecher. Auch im Post- und Fernmeldewesen streikten die Beschäftigten. Nach Angaben der Postgewerkschaft blieben allein in Köln 100.000 Briefsendungen liegen.

In vielen Städten begleiteten Demonstrationen und Kundgebungen die Warnstreiks. In Hannover demonstrierten 15.000 Arbeitnehmer vor dem niedersächsischen Finanzministerium. In Heilbronn rief die ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf-Mathies auf einer Kundgebung vor rund 2.000 ArbeitnehmerInnen aus: „Wenn die Arbeitgeber nicht freiwillig bereit sind, mit uns eine kürzere Arbeitszeit zu vereinbaren, werden wir sie dazu zwingen.“

Innenminister Zimmermann kündigte für den Fall einer Ausweitung der Warnstreiks rechtliche Disziplinierungsmaßnahmen gegen die Streikenden an. Ein Sprecher des Innenministeriums drohte, die Streikaktionen mit Gehaltsabzügen zu ahnden.

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