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Kritik an Bonns Nuklear-Exportpolitik

Ehemaliger stellvertretender Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation, David Fischer, kritisierte vor dem Bonner Atomausschuß die bundesdeutsche Exportpolitik in Sachen Atomenergie  ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Der langjährige Vize-Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation, David Fischer, ging vor dem Bonner Atom- Untersuchungsausschuß gestern mit der bundesdeutschen Nuklear-Exportpolitik scharf ins Gericht.

Die Bundesrepublik habe dazu beigetragen, daß das Potential zur Herstellung von Atomwaffen weiterverbreitet wurde und zum Beispiel Südafrika die Schwelle zur Atommacht erreichte. Der Brite erinnerte ebenfalls an die Geschäfte mit Brasilien und Argentinien und sagte, es sei Interpretationssache, ob diese Exporte im Widerspruch zum Nichtweiterverbreitungsvertrag stünden. Die BRD habe sich jedenfalls dagegen gewehrt, daß die Lieferungen an vollständige Kontrollen des Brennstoffkreislaufs in den Empfängerländern gebunden werden und damit zum Beispiel den kanadischen Konkurrenten beim Kraftwerksbau in Argentinien ausgestochen.

Einschränkend sagte Fischer, die Exportpolitik sei heute strenger geworden; das Problem sei jetzt „nicht mehr die politische Grundhaltung, sondern die Durchsetzung“. Als führende Liefermacht wolle die Bundesrepublik auf Argentinien, Brasilien und Südafrika einwirken, den Atomwaffensperrvertrag zu akzeptieren. Fischer betonte die wichtige Rolle der BRD beim Auslaufen dieses Vertrages 1995.

Der ehemalige Offizielle der Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) lehrt heute an der Universität Oxford und wurde unter anderem durch ein kritisches Buch über die internationalen Kontrollen bekannt. Da er bei der Anhörung vor dem Bonner Untersuchungsausschuß die Atom- Agentur nicht mehr offiziell vertrat, brauchte er kein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Die SPD-Vertreter im Ausschuß schlossen aus Fischers Ausführungen, das Proliferationsrisiko sei größer als bisher angenommen – eine späte Erkenntis, da die genannten Exporte sämtlich unter SPD-Regierungen vollzogen wurden.

Der deutsche Kuratom-Direktor Wilhelm Gmelin gab vor den Bonner Parlamentariern dagegen Entwarnung. Anhaltspunkte für den Bruch des Atomwaffensperrvertrages gebe es nicht, andernfalls wäre die Euratom auch „sehr überrascht“ gewesen. Gmelins Antworten auf konkrete Fragen entbehrten nicht der kabarettistischen Rüge – zu den Funden Hanauer Spaltmaterials im Staubsaugerbeutel und im Außenlager meinte er: „Wir haben darum gebeten, diese Dinge zu unterlassen“; die Unzuverlässigkeit von Anlagenbetreibern sei kein ihm bekanntes Kriterium für Kontrollen, sondern eher eine Frage des Gewerberechts; ob die staatliche Zusammenarbeit mit den Kontrolleuren ausreiche, schien ihm „vermessen“ zu bewerten. Über den Inhalt des Bundes-Plutonium- Lagers verweigerte er unter Hinweis auf Geheimschutz und Bundesregierung die Aussage. Jedoch sei das Lager „zu jeder Zeit vollständig unter Kontrolle“; die bisher nicht existente Kontrollvereinbarung dafür (“facility attachment“) werde „in Kürze“ abgeschlossen.

In Widerspruch zu dem Euratom-Vertreter sagte der Ex- IAEO-Mann Fischer: „Jede Kontrolle hängt vollständig von der Mitarbeit durch Staat und Betreiber ab.“

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