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Nach Noriegas Coup hat die Diplomatie das Wort

■ Panamas abgesetzter Präsident Delvalle ruft von einem „sicheren Ort“ in Panama aus zum „unbefristeten Generalstreik“ auf / Lateinamerikanische Staaten tendieren zu Delvalle / Kuba und Nicaragua für Noriega / El Salvador fest auf der Seite der USA

Panama (afp/ap) – Panamas neuer Staatschef Manuel Solis Palma hat eine Runde im Kampf um die internationale Anerkennung gegen seinen gestürzten Vorgänger Erick Delvalle gewonnen. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Washington bestätigte am Samstag abend den bisherigen Botschafter Roberto Levton, der sich auf die Seite der neuen Regierung geschlagen hatte, als Vertreter des Landes und wies den von Delvalle ernannten neuen Gesandten Lawrence Chewning Fabrega zurück. Die Absetzung Delvalles nach einer Kraftprobe mit Armeechef Manuel Antonio Noriega ist jedoch außer in Nicaragua und Kuba in ganz Lateinamerika einhellig verurteilt worden. Seit 1982 sind in Panama unter dem offenen Druck der Militärs vier Präsidenten zurückgetreten oder vom Parlament abgesetzt worden.

In Panama selbst traf sich der neue Präsident Solis in der Nacht zum Sonntag überraschend mit Vertretern der Opposition, die einem Aufruf Delvalles folgend für heute den Beginn eines unbefristeten Generalstreiks angekündigt hat, um den wegen mutmaßlicher Beteiligung an Rauschgifthandel, politischen Morden und Wahlfäl schung umstrittenen Armeechef zur Abdankung zu zwingen. Delvalle, der sich weiterhin als rechtmäßiger Präsident Panamas betrachtet, flüchtete in der Nacht zum Samstag aus seinem von Noriega-treuen Truppen umstellten Haus an einen „sicheren Ort“. In einem Interview des US-Fernsehsenders ABC meldete er sich am Samstag telefonisch und versicherte, er werde sich jedem Versuch widersetzen, ihn aus Panama zu vertreiben. Armeechef Noriega hat angeordnet, den Ex-Präsidenten zu verhaften und in die USA abzuschieben.

Über Rundfunk rief Delvalle zu einem unbefristeten Generalstreik auf. An die USA appellierte er, einen Wirtschaftsboykott über sein Land zu verhängen. Die Unternehmer beschlossen daraufhin am Abend, ihre Betriebe sofort zu schließen. Der „Bürgerkreuzzug“, ein breites Bündnis oppositioneller Parteien und mittelständischer Berufsorganisationen, kündigte für heute den Beginn einer gewaltfreien Protestkampagne an. Auch die Kirche in Panama hat die Absetzung Delvalles verurteilt. Der Führer der Christlichen Demokratischen Partei, Ricardo Arias Calderon, der am Donnerstag abend aus den USA nach Panama zurückfliegen wollte, wurde an der Einreise gehindert und in ein Flugzeug nach Costa Rica gesetzt. Die Parteizentrale der Christlichen Demokraten wurde am Freitag geschlossen. Die größte Gewerkschaft, CONATO, hat andererseits der neuen Regierung und den Streitkräften ihre Unterstützung zugesagt.

In Bogota und Caracas haben die ehemaligen Präsidenten von Venezuela, Kolumbien und Costa Rica, Carlos Andres Perez, Alfonso Lopez Michelsen und Daniel Oduber, einen mit Noriega vereinbarten Demokratisierungsplan veröffentlicht, der in dieser Woche dem US-Aussenministerium und der panamaischen Opposition hätte vorgelegt werden sollen. Er sieht „freie und saubere Wahlen“ zum verfassungsmäßig vorgeschriebenen Termin im Mai 1989 und die „volle Wiederherstellung“ der Pressefreiheit vor. Noriega solle noch vor der Wahl sein Amt einem Nachfolger übergeben, die USA sich nicht in die inneren Angelegenheiten Panamas einzumischen.

Außer in Kuba und Nicaragua ist die Absetzung Delvalles auf einhellige Kritik gestoßen. Am entschiedensten reagierte El Salvador, das sich der Haltung der USA anschloß und Delvalle ausdrücklich als weiterhin rechtmäßigen Staatschef Panamas anerkannte. Vizepräsident Roberto Castillos kündigte an, seine Partei, die regierende Christdemokratie, werde den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Panama fordern. Costa Ricas Staatschef, Friedensnobelpreisträger Oscar Arias, warnte vor einem Bürgerkrieg im Nachbarland, forderte freie Wahlen und bot an, in dem Konflikt zu vermitteln.

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