Wallmann und Degussa - eine Front

■ Der hessische Ministerpräsident verteidigte die Anzeigenverschleppung durch die Degussa

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Im Rahmen einer Regierungserklärung hat der hessische Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU) gestern vor dem Landtag doch noch Stellung zur Anzeigenverschleppung in Sachen Transnuklear genommen. Unter lautstarken Protesten der SPD erklärte Wallmann, daß die Nichtveröffentlichung der Transnuklear–Bestechungsaffäre vor der Hessenwahl „nicht zu beanstanden“ sei, denn mit dieser Information hätten ja die Grünen vor der Wahl „Politik machen“ können. Daß die Degussa mit der Verschiebung der Anzeige bis nach dem Hessenwahltermin Politik gemacht hat, störte den Ministerpräsidenten dagegen nicht, denn der Degussa–Vorstandsvorsitzende Gert Becker habe ja die Aktennotiz, aus der hervorgeht, daß die Degussa weit vor der Hessenwahl über den Transnuklear– Schmiergeldskandal informiert war, dem Hanau–Untersuchungsausschuß „freiwillig“ vorgelegt - allerdings erst ein Jahr nach den Vorgängen. Aufgrund des „großen Diffamierungspotentials von SPD und Grünen“ baute Wallmann weiteren möglichen „infamen und haltlosen Unterstellungen“ vor. Er selbst habe von all diesen Vorgängen nichts gewußt. Heftig verteidigte Wallmann im Anschluß die Energiepolitik der Landesregierung. Man wolle nicht den Tod, sondern die Gesundung der angeschlagenen Atomwirtschaft, „alles unter dem Primat der Sicherheit“. Den Sozialdemokraten warf Wallmann vor, die Verantwortung für die desolaten Zustände der Nuklearanlagen des Landes allein tragen zu müssen. Die SPD sei in den Jahren 68 bis 87 - als Regierungspartei - über „Sprechblasenstillegungen“ nicht hinausgekommen. Erst der CDU–Minister Weimar habe Entscheidungen getroffen. Für Joschka Fischer war die Aggressivität Wallmanns „reine Angstbeißerei“, denn die Degussa–Sache sei nach wie vor „mehr als schräg“. Wallmann komme an der Tatsache nicht vorbei, daß die Degussa ausdrücklich mit dem Hinweis auf die anstehende Wahl die Anzeige verschleppt habe. Fischer: „Deshalb werden Sie, Herr Wallmann, nicht als verfolgtes Seelchen in die Geschichte des Landes eingehen.“