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G A S T K O M M E N T A R Gotteslästerung

■ Apartheid als Bewährungsprobe für Christen

Politisch und wirtschaftlich zählt die Bundesrepublik zu den besten Freunden des weißen Regimes von Südafrika. Folgerichtig fordern die Führer der Freiheitsbewegungen in Südafrika und Namibia von uns, daß wir unsere Unterstützung des Apartheidregimes beenden. Doch die Kirchen in der Bundesrepublik, was tun die? Deutsche Missionare haben in Südafdrika schwarze Christen getauft und Kirchen gebaut. Das Christentum ist Teil der Geschichte und der Gegenwart im schwarzen Südafrika. Wieso unterstützt das Land, aus dem die Reformation kam, Deutschland, heute das weiße Apartheidregime?! Als Christ und Kirchenmensch muß ich dazu etwas sagen, auch als Staatsbürger, als Aktionär oder als Wähler, aber erst einmal als Christ: Wenn sich die Weißen Südafrikas für die Ideologie und die Praxis der Apartheid auf die Bibel berufen - dann pervertieren sie nicht nur die christliche Botschaft von der Versöhnung, dann lästern sie Gott. Es kann doch nicht sein, daß das Christentum gleichzeitug gut ist für die Unterdrücker und die Unterdrückten. Denn die Bibel verkündet keinen Gott, den die Folterer anrufen und die Gefolterten. Die Kompromittierung der Kirche durch staatliche Macht, auch wo sie krasse Unterdrückung einschloß, hat leider Tradition. Umso wichtiger ist es, daß wir uns aus dieser Tradition lösen. Wir müssen die Kirchen Südafrikas unbedingt unterstützen, jetzt, wo sich der Konflikt weiter verhärtet zwischen Kirchen und Staat. Die Kapstädter Bischöfe haben dazu eine deutliche Vorgabe gemacht: Jetzt nehmen die Kirchen den Platz der geknebelten Opposition in Südafrika ein! Jetzt muß die Kirche auch ihr Verhältnis zum bewaffneten Befreiungskampf neu bestimmen. Ich denke dabei an eine Szene aus der Leidensgeschichte Jesu: Als Jesus zur Stätte der Kreuzigung abgeführt wird, zwingen die Soldaten einen der Zuschauer, das Kreuz für ihn zu tragen. Ich verstehe das so: Noch auf seinem Weg ans Kreuz, diesem letzten und und entscheidenden Protest, kompromittiert Jesus einen scheinbar Unbeteiligten und befreit ihn aus seiner Gleichgültigkeit. Dieser Unbeteiligte hat einen Namen, Simon aus Kyrene. Er hat sich später zum Christentum bekannt. Die Kirchen in der Bundesrepublik müssen jetzt das Kreuz aufnehmen und aus scheinbar Unbeteiligten zu Mitleidenden werden. Wir müssen die Regierenden drängen, endlich effektive Sanktionen gegen das weiße Südafrika einzuleiten. Wir müssen auch mit unserem Geldbeutel Christen sein und unsere Konten bei den ins Südafrika–Geschäft verwickelten Banken kündigen. Wir müssen uns von denen abgrenzen, die als Christen Freundschaft mit Botha und seinen Generälen pflegen und gleichzeitig die schwarzen Führer des Widerstands mit Mißachtung strafen. Sie diskreditieren das Christentum, sie leisten der Gotteslästerung Vorschub. An der Entschiedenheit, mit der wir den Anti–Apartheidskampf unterstützen, bewährt sich heute unser Christentum. Gottfried Kraatz, Superintendent der evangelischen Kirche in Berlin–Zehlendorf

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