: 150.000 Israelis demonstrieren für Shamir
■ Gespräche über Shultz–Plan in Washington / Mit Demonstrationen für und gegen den Shultz–Plan hat der Wahlkampf in Israel begonnen / Wirtschaftliche und administrative Maßnahmen sollen den Aufstand der Palästinenser zermürben / Kein Benzin für Palästinenser
Aus Tel Aviv Amos Wollin
Der israelische Ministerpräsident Jitzhak Shamir ist am Montag morgen zu einem offiziellen Besuch nach Washington abgereist, in dessen Mittelpunkt die von ihm abgelehnte jüngste Nahost–Initiative von Außenminister George Shultz steht. Vor seinem Abflug dankte Shamir auf dem Flughafen den „zahlreichen Israelis, die mir heute ihren Segen gegeben haben, damit ich auf dem von mir gewählten Weg Erfolg haben möge“. Der Regierungschef bezog sich damit auf eine landesweite Großdemonstration in Tel Aviv, auf der an die 150.000 Israelis Shamir aufgefordert hatten, „dem amerikanischen Druck nicht nachzugeben“. Am Samstag hatten auf dem gleichen Platz in einer Atmosphäre des Vorwahlkampfs rund 40.000 Befürworter des Shultz–Plans demonstriert. Es waren vor allem Anhänger des nationalistischen Likud– Blocks von Shamir, der religiösen und kleinen rechtsgerichteten Parteien sowie der Siedlerbewegung „Gush Emunim“, die dem Ministerpräsidenten vor seinem USA–Trip den Rücken stärken wollten. Wohungsbauminister David Levy appellierte als einer der Kundgebungsredner an Shamir: „Sie müssen dem Volk und der Regierung der Vereinigten Staaten erklären, daß wir nicht Selbstmord begehen wollen“. Die Demonstranten führten Transparente mit Parolen wie „Stoppt die Kapitulationsgespräche“ oder „Nein zu Shultz, Nein zur Autonomie“ mit sich. Die Situation in der Westbank und dem Gaza–Streifen hat sich im Vorfeld der Shamir–Reise mit den Massenrücktritten palästinensischer Polizisten am Wochenende und einer Serie neuer wirtschaftlicher und administrativer Maßnahmen der Besatzungsbehörden weiter verschärft. So wurde die Belieferung arabischer Tankstellen verboten. Dieser Schritt wurde mit dem Angriff auf zwei israelische Tanklastwagen in der letzten Woche begründet. Betroffen ist nicht nur der öffentliche und private Verkehr, sondern auch die Haushalte, die mit Kerosin ko chen. Die israelischen Tankstellen in den Siedlungen sollen jedoch weiter beliefert werden. Weitere wirtschaftliche Beschränkungen wurden angekündigt. Gleichzeitig soll die Ausreiseerlaubnis für Palästinenser nach Jordanien eingeschränkt werden. Die Lizenzvergabe an Palästinenser soll künftig von Steuerbescheinigungen abhängig gemacht wer den. Die Besatzungsbehörden haben wegen Streiks und Rücktritten von palästinensischen Angestellten in der Steuerabteilung der Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten Probleme mit der Eintreibung der Gelder. Am Sonntag wurden Flugblätter verteilt, in denen die Bevölkerung erneut zu einem Steuerboykott sowie einem totalen Boykott israelischer Banken aufgefordert wurde. Die Zeitung Jerusalem Post kommentierte am Montag, daß eine „Kombination aus Chaos und (israelischen) Sanktionen das Leben für die Palästinenser in der Westbank und dem Gaza–Streifen wahrscheinlich unerträglich machen wird. Langfristig gesehen wird diese Belastung der örtlichen Bevölkerung vielleicht zu den ersten ernsthaften Rissen im Aufstand führen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen