piwik no script img

Ein Alternativkonzept für Rheinhausen

■ Krupp–Hütte in Rheinhausen ist nach dem Alternativkonzept des Betriebsrats zu retten / Betriebsratsmodell erhält 2.000 Arbeitsplätze mehr als Vorstandspläne / Belegschaftsversammlungen billigen alternatives Kooperationsmodell / „Weiter Druck erforderlich“

Aus Rheinhausen W.Jakobs

Der Rheinhausener Krupp–Betriebsrat hat am Donnerstag ein alternatives Kooperationsmodell für Krupp und Mannesmann vorgelegt, mit dem nach Auffassung des Betriebsrats die Zukunft der beiden Stahlstandorte dauerhaft gesichert werden kann. Während die Vorstände der beiden Unternehmen die Krupp–Hütte in Rheinhausen ganz schließen und gemeinsam eine Stahlgesellschaft auf dem Gelände von Mannesmann–Huckingen mit 4.300 Beschäftigten betreiben wollen, geht das Betriebsratsmodell davon aus, daß sowohl in Huckingen als auch in Rheinhausen mit insgesamt 6.300 Beschäftigten auch künftig Stahl gekocht wird. Das Konzept, das nach Aussagen des Betriebsrats mit Unterstützung von namhaften Hüttenfachleuten erstellt wurde, kommt zu einem positiven betriebswirtschaftlichen Ergebnis. Während der Belegschaftsversammlungen am Donnerstag morgen hielt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Walter Busch dem Krupp–Vorstand vor, „ganz bewußt negative Berechnungen vorgenommen zu haben, weil sie keine andere Lösungen haben wollen“. Das Betriebsratsmodell beruht auf einem Drei–Öfen–Konzept, wobei offen gelasssen ist, ob zwei Hochöfen in Rheinhausen oder in Huckingen betrieben werden. Ferner wird davon ausgegangen, daß beide Kokereien erhalten bleiben und es zwischen den jetzt bestehenden Werken zu einem Energieverbund kommen wird. Dazu wäre eine Rohrverbindung über den Rhein zwischen den beiden Standorten nötig. Bei einem einmaligen Investitonsbedarf von 40 Mio. DM erwarten die Experten allein vom Energieverbund eine jährliche Ergebnisverbesserung von 50 Mio. DM. Während nach den jeweiligen Optimierungsmodellen bei Mannesmann– Huckingen 3.300 bzw. bei Krupp– Rheinhausen 4.200 Beschäftigte vorgesehen waren, geht das Betriebsratsmodell jetzt von einer Gesamtbelegschaft von 6.300 Beschäftigten aus. Das sind immer noch 2.000 mehr als die Vorstandspläne vorsehen, aber die Akzeptanz von weiteren Arbeitsplatzverlusten sei, so der Betriebsratsvorsitzende Manfred Bruckschen, „schmerzlich“. Die Alternative dazu sei, so Bruckschen zu Kritikern des Konzeptes während der Belegschaftsversammlung, „daß am 2.Mai bei der Aufsichtsratssitzung der Hammer fällt und dann in Rheinhausen alles weg ist“. Nach den Worten von Walter Busch trägt der Mannesmann–Betriebsrat das Konzept „voll mit“. Die Mannesmänner seien bereit „mit uns gemeinsam für die Umsetzung zu kämpfen“. Insgesamt stieß das Betriebsratsmodell während der Belegschaftsversammlungen auf große Zustimmung, wobei fast alle Redner davon ausgingen, daß der Vorstand das Modell nicht übernehmen werde, „weil er sich ganz aus dem Massenstahlbereich zurückziehen will“. An „der Not wendigkeit des Kampfes“, so ein Redner unter dem Beifall der Versammlung, „wird sich nichts ändern“. Geschönte Zahlen Die Zahlen des Krupp–Vorstandes hält der Betriebsrat für geschönt. So werde der Investitionsbedarf bei einer Konzentration in Huckingen als „zu niedrig angesetzt“. Das Betriebsratsmodell geht von einer Rohstahlproduktion von 430.000 t/Monat aus. Damit würde eine Auslastung von etwa 90 Prozent erreicht. Der Krupp– Vorstand hatte die durchschnittliche Rohstahlproduktion auf 340.000 t/Monat beziffert. Eine solche Leistung ist aber auf einem Werk nach Auffassung des Betriebsrates „nur eine theoretische Kapazität“, die ohne erhebliche Erweiterungsinvestitionen „im Dauerbetrieb nicht einhaltbar ist“. Die eigenen Markterwartungen von 430.000 t/Mt halten die Betriebsräte „für realistisch“. Je nach Umsetzung ihres Modelles rechnen sie mit einem positiven Ergebnis von 16 bis 25 Mio. DM pro Jahr. Das Konzept des Betriebsrates kann nach Auffassung des Duisburger Oberbürgermeisters Josef Krings ein Mittel sein, „endlich ein wirkliches Gespräch zwischen Vorstand und Betriebsrat anzubahnen“. Der Vorstand müsse das Konzept „sehr ernsthaft und sorgfältig prüfen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen