Prozeß gegen Tamil Tigers

■ Tamilen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt / Verhandlung vor Stuttgarter Staatsschutzsenat / Verteidiger fordern Einstellung des Verfahrens wegen Unzuständigkeit des Gerichts

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Gegen fünf Mitglieder der „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ begann gestern der Prozess vor dem 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart. Die Tamilen, denen die Bundesanwaltschaft vorwirft, hier lebenden Landsleuten mit Drohungen und Gewalt Geld für ihre Guerillabewegung in Sri– Lanka abgepresst zu haben, sitzen teilweise schon seit 16 Jahren in deutscher Untersuchungshaft. Zum Verlesen der Anklageschrift kam es gestern erst nach Redaktionsschluß. Vorher mußte der aus Stammheim bekannte Vorsitzende Richter Ulrich Berroth Rügen der Verteidigung wegen „Waffenungleichheit mit der Bundesanwaltschaft“, Kritik an der Zusammensetzung des Gerichts und einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens hinnehmen. Das Verfahren gegen die fünf Tamil Tigers seit ihrer Verhaftung glich einer Odysee. Nachdem ein Nürtinger Schöffengericht die Eröffnung der Hauptverhandlung abgelehnt hatte, verfügte Generalbundesanwalt Rebmann den 5. Stammheimer Strafsenat als zuständig. Der lehnte ab, denn das Ende eines Stammheimer RAF– Verfahrens fand kein Ende. Jetzt also soll der 4. Senat die bis Juni terminierte Hauptverhandlung führen. Ob aber das Stuttgarter Oberlandesgericht als Instanz überhaupt zuständig ist, bezweifeln die Anwälte der Angeklagten. Aus Körperverletzung, Nötigung und Drohungen, so die Kritik der Verteidiger, sei über den Tisch des Generalbundesanwalts mittlerweile eine kriminelle Vereinigung geworden. Ein Staatsschutzdelikt, so die Anwälte, könne schon deshalb nicht vorliegen, weil eine Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit der BRD nie bestanden habe. Konkret, so eine Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft, werde den fünf Tamilen vorgeworfen, als Asylanten eine deutsche Sektion der sri–lankischen Guerillaorganisation LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) aufgebaut, und straff organisiert zu haben. Die deutsche Sektion unter dem Angeklagten Vaithilingam Suthakaran habe zur Unterstützung der Guerilla und für deren bewaffneten Kampf von anderen hier lebenden Tamilen Geld eingesammelt. Tamilen, die sich dem widersetzten, sollen bedroht, mißhandelt und geschlagen worden, einzelne sogar mit dem Tod beroht worden sein. Ob, und bei wem derartige Strafaktionen durchgeführt wurden, soll in der militärisch gegliederten Organisation, der Hauptangeklagte Suthakaran entschieden haben. Die Tamilen sind insgesamt wegen sechs solcher Drohungen, Mißhandlungen und Nötigungen in Remscheid, Bremen, Stuttgart und anderen Städten angeklagt. Darüberhinaus werden dem Hauptangeklagten Verstöße gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Am kommenden Montag soll der Prozeß fortgesetzt werden, insgesamt sind mehr als 70 Zeugen und ein Sachverständiger geladen.