: „Ein Angriff auf das Herz des Staates“
■ Kurz nach dem blutigen Anschlag in Neapel wurde der italienische Senator Ruffilli von einer Nachfolgeorganisation der „Roten Brigaden“ erschossen / Ruffilli war Experte für Verfassungsrecht und enger Berater des zukünftigen Premierministers Chiriaco de Mita
Rom (afp) - Nach einer Zeit relativer Ruhe haben in den letzten Tagen gleich zwei blutige Anschläge in Italien die Öffentlichkeit in Schrecken versetzt. Nachdem bei einem vermutlich von der japanischen Organisation „Rote Armee“ verübten Attentat auf einen vor allem von US–Soldaten besuchten Club in Neapel am Donnerstag fünf Menschen getötet worden waren, traten am Samstag nachmittag die italienischen „Roten Brigaden“ wieder in Erscheinung. Nur drei Monate nachdem die italienische Polizei Attentats pläne auf den designierten italienischen Ministerpräsidenten Chiriaco De Mita aufgedeckt hatte, erschossen die aus den Roten Brigaden hervorgegangenen „Rote Brigaden - Kämpfende Kommunistische Partei“ den engen Vertrauten de Mitas, den christdemokratischen Senator Roberto Ruffilli, in seinem Haus in Forli in der Nähe von Bologna. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums wurde der Senator am Samstag nachmittag mit zwei Genickschüssen getötet. Die Polizei war von der Redaktion der römischen Zeitung La Repubblica alarmiert worden, bei der zuvor ein anonymer Anruf eingegangen war. Darin hatte ein Sprecher im Namen der Roten Brigaden erklärt: „Wir haben Senator Ruffilli in Forli hingerichtet. Ein Angriff auf das Herz des Staates. Rote Brigaden für die Errichtung einer kämpfenden Kommunistischen Partei.“ Ruffilli, Professor für moderne Geschichte an der Fakultät für Politikwissenschaft der Universität Bologna, war 1983 erstmals in den Senat gewählt und im vergangenen Jahr in seinem Amt bestätigt worden. Er war Experte für Ver fassungsfragen und hatte zuletzt an der Ausarbeitung des Regierungsprogramms mitgearbeitet, das die Christdemokraten in der vergangenen Woche vorgestellt hatten. Ruffilli sei - wie der vor zehn Jahren von den Roten Brigaden ermordete Chef der Christdemokraten Aldo Moro - ein Politiker gewesen, der den Dialog mit der kommunistischen Opposition befürwortet habe, hieß es am Sonntag in der italienischen Presse. So mbetonte die Unita, das Organ der Kommunistischen Partei Italiens (PCI), Ruffilli sei „einer, der im Dialog mit der PCI engagiertesten Christdemokraten“ gewesen, und das Opfer sei „nicht zufällig gewählt worden“. Unterdessen verdichten sich die Spuren, daß die japanische Organisation „Rote Armee“ für den Bombenanschlag auf den amerikanischen Club in Neapel verantwortlich ist. Die italienischen Behörden verdächtigen Junzo Okudaira sowie eine Frau namens Fusako Shigenobu der Täterschaft in Neapel. Beide sind japanische Staatsangehörige. Die „Rote Armee“ bestritt jedoch inzwischen jegliche Beteiligung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen