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Unklarheiten über „Quotendeutsche“

■ Bundesregierung dementiert wiederholt Äußerungen des DDR–Bischofs über Absprachen zwischen den beiden deutschen Staaten über Ausreisewillige / Forck erklärt, über konkrete Informationen zu verfügen

Berlin (taz) - Die bange Frage, ob es Quotendeutsche gibt, blieb auch am Wochenende zwischen Erklärung und Gegenerklärung, zwischen den zahlreichen Dementis der Bundesregierung und der wiederholten Behauptung des DDR–Bischofs Forck ungeklärt. Der evangelische Bischof von Berlin–Brandenburg blieb auch am Sonntag gegenüber der taz bei seiner Sicht der Dinge. Auf der Synode der Evangelischen Kirche in der DDR hatte er vergangene Woche auf diskrete Absprachen zwischen Bonn und Ost–Berlin hingewiesen, wonach die Zahl der DDR–Übersiedler auf vierteljährlich 1.200 begrenzt werden solle. Die Bundesministerin für innerdeutsche Beziehungen, Wilms, dementierte: „Völlig unerklärlich“ sei diese Behauptung. Am Freitag vormittag wiederholte Forck im Deutschlandfunk seinen Vorwurf. Wörtlich sagte er: „Ich verwahre mich dagegen, daß offiziell - nach dem Grundgesetz - die Bundesrepublik erklärt, jeder Deutsche, auch jeder Bürger der DDR, kann zu uns kommen, und daß dann unter der Hand offenbar auch Absprachen erfolgen, wieviel man jeweils im Vierteljahr haben möchte.“ Ziel seines Vorstoßes war folgendes: „Ich denke, daß eine nüchterne klare Absprache nötig wäre und vielleicht auch eine offizielle Erklärung der Bundesrepublik, in der sie sagt, nur in der Begrenzung können wir Bürger aufnehmen und das sind unsere Bedingungen. Das wäre eine Erleichterung für die, die es sich jetzt noch zu leicht vorstellen, von hier nach drüben zu gehen, und die hier nötig gebraucht werden.“ Regierungssprecher Ost dementierte die Existenz von Quoten und Absprachen. Auch Dorothea Wilms dementierte ein zweites Mal, nunmehr „energisch“. An die gemeinsame Staatsangehörigkeit aller Deutschen seien die Verfassungorgane der Bundesrepublik gebunden. Staatssekretär Rellinger vom innerdeutschen Ministerium bezog sich auf seine Verhandlungen mit dem Ost–Berliner Rechtsanwalt Vogel: „Zu keiner Zeit sind in den Gesprächen .. Überlegungen über eine Kontingentierung angestellt worden.“ Die Welt erwähnt in diesem Zusammenhang, daß die DDR noch vor der Sommerpause ein Gesetz zur Ausreisebeschränkung vorlegen wolle, wonach nur Familienzusammenführung gestattet sei. Erneute Anträge abgewiesener Personen sollen dann angeblich mit Strafe bedroht sein. Auf die Dementis der Bundesregierung angesprochen, betonte Forck gestern gegenüber der taz, daß er sich zu dieser Frage nicht mehr äußern wolle. Seine Sätze seien „hochgespielt“ worden. Aber er unterstrich, daß seine Äußerungen auf konkreten Informationen beruhten und keineswegs ein Versuchsballon darstellten. kh GASTKOMMENTAR

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