: Ortega warnt vor verfrühten Hoffnungen
■ Fortsetzung der Verhandlungen zwischen nicaraguanischer Regierung und Contras auf nächste Woche vertagt / Gespräche brachten Annäherung / Enrique Bermudez versucht, Vertrag zu torpedieren
Aus Managua Ralf Leonhard
Mit einem zwölf Zeilen langen Abschlußkommunique gingen am Montag nachmittag die Verhandlungen zwischen Sandinisten und Contras, die zum ersten Mal in Managua geführt wurden, zu Ende. Beide Seiten halten daran fest, daß ein definitiver Friedensschluß den Prozeß krönen soll, und versprechen, die Verhandlungen am 28.August fortzusetzen. In der Substanz hat es im Laufe der drei Verhandlungstage geringfügige Annäherungen gegeben. Oftmals können scheinbar unvereinbare Standpunkte durch Formulierungstricks bereinigt werden. So hatte die Contra ursprünglich die Entwaffnung aller Bauerngenossenschaften in den Waffenstillstandszonen gefordert. In ihrem jüngsten Entwurf fordern sie dies immer noch, allerdings mit zwei namentlich genannten Ausnahmen. Das sind auch die einzigen beiden bewaffneten Genossenschaften in den sieben Zonen, die den Contra– Kämpfern zugewiesen werden. Die Forderung nach dem Ersatz verbrauchter Munition oder beschädigter Waffen wurde stillschweigend fallengelassen, nachdem einer der Comandantes angedeutet hatte, daß es gerade an Kriegsgerät nach den jüngsten Lieferungen der USA nicht mangele. Daß der Militärkommandeur der Contras, Oberbefehlshaber Enrique Bermudez, einen Vertrag zu torpedieren versucht, läßt sich schwer verbergen. Jede Nacht bringt der in El Salvador stationierte Contra–Sender Radio Liberacion Interviews mit Feldkommandanten, die ihre Leute auffordern, den Sammlungsprozeß in den Waffenstillstandszonen nur mitzumachen, um sich zu erholen. Präsident Daniel Ortega, der am Abend Zehntausenden von Anhängern, die sich auf dem Revolutionsplatz eingefunden hatten, das Verhandlungsergebnis vortrug, warnte vor vorschnellen Friedenshoffnungen: „Es kann sein, daß Friede geschlossen wird und Bermudez und andere Nationalgardisten das Abkommen torpedieren. Dann müssen wir weiterkämpfen.“ Doch viele Contra– Einheiten sind bereits unterwegs in die sieben Zonen, die ihnen für die Dauer der Waffenruhe zugewiesen wurden. Einzelne Trupps sind auf dem Weg dorthin sogar von der sandinistischen Armee mit Lebensmitteln versorgt worden. Andere haben sich bereits jetzt mitsamt ihren Waffen ergeben und die Amnestie in Anspruch genommen. Der SPD–Verhandlungsveteran Wischnewski, Berater der sandinistischen Delegation, rechnet nicht damit, daß bei der nächsten Runde bereits das definitive Abkommen erzielt wird, das die Entwaffnung der irregulären Truppen und deren Eingliederung ins zivile Leben vorsieht. Doch ist er optimistisch, daß bis Ende Mai, wenn die provisorische Waffenruhe ausläuft, ein Ergebnis da ist.
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