: Nukems Schwindel mit Uran vom Kap
■ Die Hanauer Skandalfirma verkaufte über Zwischenadresse Uran aus Südafrika als nigerianische Ware an Finnland und die UdSSR Als Waschmaschine fungierte Nukems Luxemburger Filiale Nulux / Luxemburger Abgeordneter stellte Anzeige im Großherzogtum
Aus Brüssel Thomas Scheuer
Die Atom–Broker der Hanauer Skandalfirma Nukem haben Unternehmern in Finnland und der Sowjetunion südafrikanisches Uran untergejubelt. Da beide Länder Nuklearmaterial aus dem Rassisten–Staat gemäß UNO–Beschlüssen offiziell boykottieren, wurde ohne Billigung der EURATOM das Ursprungszertifikat „geswapt“: Das in Frankreich lagernde Uran, das Nukem einer südafrikanischen Firma abgekauft hatte, wurde auf dem Papier in nigerianisches „verwandelt“. Projektnummer in der Nukem–internen Buchhaltung: D 100–86–06. Nukem ließ den Flaggenwechsel in einer Operation über mehrere Etappen und Firmen laufen, quasi als Kettenreaktion, an der auch der Strom–Konzern Preussen–Elektra beteiligt war. Als Waschmaschine in der komplizierten Transaktion fungierte Nukems Luxemburger Filiale Nulux, auf die der Stoff in den jeweils brenzligen Phasen vom Hanauer Stammhaus überschrieben wurde. Diese Vorwürfe erhebt der grüne Abgeordnete im Luxemburger Parlament, Jup Weber. Nach monatelangen Recherchen übergab Weber am Mittwoch der Staatsanwaltschaft des Großherzogtums ein umfangreiches Dossier samt Nukem–internen Dokumenten und stellte gegen Nulux Strafanzeige wegen Handels mit Waren gefälschten Ursprungs. Fortsetzung auf Seite 2 Tagesthema Seite 3 Wenige Stunden später am Nachmittag knallte in Brüssel die grüne Europa–Abgeordnete Undine Bloch von Blottnitz die Fakten über diese „ungeheuere Steigerung der bisher bekannten Swap– Praktiken“ im Untersuchungsausschuß des Europäischen Parlamentes zum Atomskandal auf den Tisch. Der EG–Kommission stellte sie die Frage, wie lange sie die Aufklärung derartiger Schwindel in ihrem Verantwortungsbereich noch den Recher chen von einzelnen Abgeordneten überlassen wolle. Der Luxemburger Briefkasten der NULUX wird von einem Treuhandbüro des Herrn Georges Kioes am Boulevard de la Foire verwaltet; die Deals werden jedoch direkt von den Atomikern der Hanauer Zentrale gesteuert. So sind Fernschreiben und Briefe an EURATOM immer von NUKEM–Managern gezeichnet. Mit 30 Prozent ist die schweizerische Filiale des in London ansässigen britischen Rohstoff–Imperiums Rio–Tinto–Zinc an NULUX beteiligt. Rio–Tinto–Zinc gehört zu den Haupteignern der Rössing– Uran–Minen in Namibia, welche mit UNO–Boykott belegt sind. Zehn Prozent der Anteile hält die Dresdner Bank. NULUX steht bei Insidern seit längerem im Verdacht, südafrikanisches Uran auf den Markt zu schleusen und damit UNO–Beschlüsse zu verletzen. Erst vor wenigen Wochen hatte Jup Weber einen - allerdings nie in Kraft getretenen - Vorvertrag zwischen NULUX und dem französischen Stromkonzern EDF bekanntgemacht, in dem sich EDF verpflichtete, NULUX eine Uran–Lieferung abzunehmen, falls diese we gen Embargo oder ähnlicher Unbille nicht in das vorhergesehene Drittland abgesetzt werden könne. Bei dem nicht namentlich genannten Drittland handelte es sich um den Apartheid–Staat am Kap, wie EDF mittlerweile bestätigte.
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