Scholz: Ich bin ein Berliner

■ Minister–Vorstellung gestern in Bonn: Kanzler Kohl kann nicht sagen, warum er den Berliner Senator zum neuen Verteidigungsminister erkoren hat / Scholz selber sieht die Berliner Luft als Qualifikationsmerkmal

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Bundeskanzler Kohl stellte gestern in Bonn seinen neuen Verteidigungsminister vor - aber warum eigentlich? Was den Kanzler - außer politischen Seilschaften - bewogen haben mag, ausgerechnet Rupert Scholz zum neuen Minister zu machen, blieb bei der gestrigen Vorstellung im Dunkeln. Scholz habe, so behauptete Kohl, „einen ausgeprägten Sinn für all diese schwierigen Fragen“ der Sicherheits– und Außenpolitik, bringe „Urteilsvermögen“, „Durchsetzungskraft“ und überhaupt „alle Voraussetzungen“ mit. Auch dementierte der Kanzler, was niemand so direkt behaup tet hatte: „Scholz ist nicht von einem fernen Gestirn eingeflogen worden.“ Nicht Gestirn, sondern Frontstadt ist das Herkunftsprädikat, das der Rechtsprofessor selber für seine Eignung ins Feld führt: „Daß ich Berliner bin, das fügt sich gut.“ Nirgends spüre man nämlich mehr, wie wichtig das westliche Bündnis sei. „Wenn ich nun an anderer Stelle diesem Bündnis dienen darf, ist das ein nahtloser Schritt.“ Zweites Eignungskriterium: Er habe als Kind die „Schrecknisse des Krieges“ miterlebt und den Vater in Stalingrad verloren - „das prägt“. Schon daraus müsse man doch ersehen, mit welch „persönlichem Engagement“ er das neue Amt übernehme. Aber was ihn dafür prädestiniere, einen Haushalt von 50 Milliarden zu verwalten und 500.000 Soldaten zu führen, wollte ein uneinsichtiger Journalist wissen. Scholz antwortete, als wäre er einer dieser 500.000, und offenbarte wenigstens damit einschlägige Qualifikation: „An dem Platz, an den man gestellt ist, hat man sein Bestes zu geben.“ Vor die Bundespressekonferenz gestellt, gab der künftige Chef der Hardthöhe nur Sprechblasen zum Besten. Überhaupt wunderte er sich zu Beginn, daß „so viele da sind“, es werde doch niemand erwarten, daß er sich nun zu inhaltlichen Fragen äußere. Einige versuchten es trotzdem: Ob er eine Krise der Wehrmotivation sehe? „Wo es Probleme gibt, wird ihnen zu begegnen sein.“ Wie er das Verhältnis zu Frankreich sieht? „Das hat einen ganz besonderen Stellenwert, auch für mich.“ Welche Akzente er in dem „hochpolitischen Amt“ setzen werde, „das wird man zu gegebener Zeit sehen“. Letzter Versuch: Zeitungen hatten dem Kandidaten gute Beziehungen zur Sowjetunion nachgesagt. Scholz: „Ich habe das auch gelesen, aber ich weiß nicht, worauf das beruht.“ Daß Kohl es „nicht für sinnvoll gehalten“ hat, seine Personalentscheidung früher bekannt zu geben, mag man verstehen.