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Notwendige Abstriche an der Utopie

■ Marlene Kück, Vorstandsmitglied der Bürgschaftsbank für selbstverwaltete Betriebe in Berlin, zu den Chancen der Ökobank

taz: Am 2.Mai öffnet die Ökobank in Frankfurt nun tatsächlich ihren Schalter. Ist das ein historisches Datum? Kück: Im politschen Sinne denke ich: Ja! Denn die Ökobank ist ein erfolgreiches Großprojekt, das der Szene oder meinetwegen den Neuen Sozialen Bewegungen bei sehr viel Mißerfolg in den letzten Jahren endlich mal wieder gelungen ist. Auf dem Weg von der Vision zum Bankbetrieb wurden ja eine ganze Reihe von Abstrichen am Konzept gemacht. War das nötig? Ja, aber das hätte man vorher auch wissen können. Das Kreditwesengesetz, überhaupt die Bankengesetze lassen nur sehr enge Konzepte zu. Welche sind da besonders schwerwiegend? Daß wir uns die Selbstverwaltung abschminken können innerhalb des Bankbetriebes. Im Kreditwesengesetz steht in eindeutigem Sinne, daß Banken nur von ihren Bankleitern geführt werden können, und daß sie letztendlich auch das Sagen haben. Zwischen dem immer professionelleren Ökobankteam und den Aufbauaktivisten aus dem Ökobankverein gab und gibt es zunehmend Streitigkeiten. Was steckt dahinter? Es steckt dahinter, daß die Ökobankvereine immer noch nicht so richtig kapiert haben, daß die Bank gegenwirtschaftliches oder demokratisches Instrument in ihrem eigentlichen Sinne sein kann. Sie halten praktisch noch an ihren alten Utopien fest. Welche wären das jetzt vor allen Dingen? Vor allen Dingen geht es um die Vorstellung, man könnte jetzt wirklich avantgardistische Projekte mit der Ökobank finanzieren. Genau das kann die Bank nicht machen, sie muß gerade in der Anfangsphase auf eine hohe finanzielle Sicherheit setzen. Wenn die große Utopie ein bißchen auf der Strecke bleibt, was hat dann die Alternativbewegung eigentlich noch von der Ökobank? Politisch hat sie ja viel davon, ökonomisch weniger. Man kann nur wasserdichte Betriebe finanzieren, die genug Sicherheiten haben, um die Kredite wieder zurückzuführen. Und solche Betriebe bekommen ja ihr Geld auch bei traditionellen Banken. Die Ökobank könnte trotzdem noch was von dem Sinn haben für den Alternativsektor, wenn es ihr wirklich gelingt, in breitem Umfang die sogenannten Förderkredite mit niedrigeren als den marktüblichen Zinsen zu mobilisieren. Also wird das heißen, daß im Grunde die Ökobank vor allen Dingen davon lebt, daß es eine Umverteilungsbereitschaft durch Zinsverzicht gibt innerhalb der Szene. Ich weiß nicht, ob der Zinsverzicht wirklich notwendig ist, damit alternative Betriebe wachsen können, aber ich denke, daß die ökonomische Attraktivität der Ökobanken entscheidend davon abhängen wird. Das ist aber keine Umverteilung zwischen reich und arm in der Gesellschaft, sondern innerhalb des Mikrokosmos in der Szene. Da wäre zu hoffen, daß gerade die Ökobank auch bei ihren Anlegern an normal Reiche aus der Gesellschaft herankommt. Daß die sich inspirieren lassen von so einem Bankmodell, dem ohnehin schon eher etwas Traditionelles anhaftet. Ich glaube, die Frankfurter Ökobanker können das schaffen, an traditionelle oder sagen wir liberale Anlegergruppen heranzukommen. Interview: Georgia Tornow

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