piwik no script img

Schweres Wasser mit Flügeln

■ Handel mit schwerem Wasser ist kein Verstoß gegen Atomgesetz / Düsseldorfer Rohstoff–Einfuhr–GmbH geht straffrei aus / Norwegens Regierung bestätigt Transfer / Material wurde im Transit in die Schweiz geliefert

Aus Basel Thomas Scheuer

Düsseldorf (ap) - Die mögliche Lieferung von Ausgangsmaterial zum Bau von Atomwaffen aus Norwegen nach Indien durch ein Düsseldorfer Unternehmen wird straffrei bleiben. Der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Jochen Ruhland, sagte ap am Donnerstag: „Es liegt kein Verstoß gegen das Atomgesetz und keine Straftat vor.“ Ruhland erklärte, nach dem deutschen Atomgesetz sei schweres Wasser „nicht radioaktiv im Sinne des Gesetzes“. Schweres Wasser ist das Oxid des schweren Wasserstoffisotops Deuterium und dient unter anderem als Kühlflüssigkeit in einigen Atomreaktortypen. Es kann aber auch zur Herstellung von Plutonium und damit zum Bau von Atomwaffen verwendet werden. Norwegens Regierung bestätigte am Mittwoch nachmittag Presseberichte, von letzter Woche, wonach die norwegische Firma „Hydro Norsk“ Ende 1983 an die Düsseldorfer Rohstoff–Einfuhr–GmbH 15 Tonnen schweres Wasser geliefert hat, die dann von dieser Firma möglicherweise über Basel und Dubai nach Indien geschleust wurden. Die taz hatte über den Fall am vergangenen Donnerstag ausführlich berichtet. Das Außenministerium in Oslo er klärte nun, Norwegen habe der Ausfuhr des schweren Wassers in die Bundesrepublik damals zugestimmt, da die Düsseldorfer Firma sowohl ein entsprechendes Einfuhr–Zertifikat der zuständigen deutschen Stellen vorlegte als auch eine Erklärung über den Endverbleib (end–use–statement) des Materials. Darin verpflichtete sich die Rohstoff–Einfuhr– GmbH, das Material nicht in Staaten weiter zu exportieren, die nicht dem Atomwaffensperrvertrag (Non–Proliferation–Treaty NPT) angehören. Der Geschäftsführer der Rohstoff–Einfuhr–GmbH, Helmut Swyen beteuerte am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuter, seine Firma habe „weder staatliche Gesetze noch Vereinbarungen mit den Lieferanten verletzt“ noch „völkerrechtlich gegen irgendeine Vereinbarung verstoßen.“ Swyen bestätigte, daß das Material „im Transit über die BRD in die Schweiz“ geliefert wurde. Dies sei auch den Norwegern klar gewesen. Den Abnehmer wollte der Geschäftsführer allerdings „aus geschäftlichen Gründen“ nicht nennen. Die Rohstoff–Einfuhr–GmbH gehört zum weitverzweigten Firmengeflecht des Unternehmers Alfred Hempel. Über gemeinsame Beteiligungen bestehen auch Querverbindungen zu Nukem und Transnuklear.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen