Keine Revision im Radikal–Prozeß

■ Erstes Urteil wegen „Werbens für eine terroristische Vereinigung“ gegen Buchhändler ist rechtskräftig / Bundesregierung: Ermittlungen gegen 192 Personen wegen Radikal / 58 Buchläden durchsucht

Aus Bonn Oliver Tolmein

Das erste Urteil gegen einen Buchhändler wegen „Werbens für eine terroristische Vereinigung“ nach Paragraph 129a durch den Verkauf der Radikal 132 ist rechtskräftig geworden. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat der Bundesgerichtshof Ende April die Revision des Bonner Buchhändlers Harald K. gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2.12. 1987 (taz 16.12.87) als „unbegründet“ verworfen. Harald K. war zu acht Monaten Haft verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die Zurückweisung des umfangreichen Revisionsantrages ist bemerkenswert, weil der vor dem Oberlandesgericht als Zeuge gehörte Polizeibeamte Harald K. nicht „absolut sicher“ den Buchhändler identifizieren konnte, der ihm bei einem versuchten Probekauf eine Auskunft über Bezugsschwierigkeiten bei der Radikal gegeben haben soll. Es konnte Harald K. in dem zwei Tage dauernden Verfahren weder ein Verkauf der Radikal 132 nachgewiesen werden, noch daß er den Inhalt der inkriminierten Ausgabe kannte. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen läßt den ganzen Umfang der seit Mitte Mai 1986 laufenden Staatsschutz–Aktion gegen den Vertrieb der Radikal deutlich werden. Insgesamt wurden 78 Ermittlungsverfahren gegen 192 Personen eingeleitet. 164 linke BuchhändlerInnen aus 58 Läden waren von den zwischen dem 2.August 1986 und dem 3.Februar 1987 durchgeführten Durchsuchungen und Ermittlungen betroffen, die übrigen 28 Personen waren HandverkäuferInnen. Wie bei 129a–Verfahren üblich, kam es nur in relativ wenigen Fällen zu Anklagen. Von den 38 Personen gegen die Anklage erhoben wurde mußten zwölf ein Hauptverfahren über sich ergehen lassen, dabei wurden sieben Personen freigesprochen. Von den fünf ergangenen Urteilen sind jetzt drei rechtskräftig - in den beiden anderen Fällen ist zu erwarten, daß die Revisionsanträge ebenfalls zurückgewiesen werden. Siehe auch Kommentar S. 4