: Niedersachsen bei Berufsverboten Spitze
■ Verwaltungsgericht Hannover erteilt Gesamtschullehrer Berufsverbot / Erstmals reicht innerparteiliche Tätigkeit für DKP zur Entlassung aus / Lehrer wird Kreisvorsitz bei der DKP angelastet
Aus Hannover Jürgen Voges
Das Verwaltungsgericht Hannover hat gestern den 38jährigen Gesamtschullehrer Karl–Otto Eckartsberg zum zweitenmal innerhalb von fünf Jahren ein Berufsverbot erteilt. Dem Lehrer für Englisch und Sport aus Garbsen bei Hannover wurde von der Disziplinarkammer unter Vorsitz des Richters Otto Groschupf angelastet, 1986 das Amt des Kreisvorsitzenden der DKP im Landkreis Hannover und danach auch einen Sitz im Bezirksvorstand der Partei übernommen zu haben. Das Urteil ist ohne Präzedenzfall. Erstmals wird nun ein Beamter auf Lebenszeit allein wegen innerparteilicher Tätigkeit für die DKP aus dem Dienst entlassen. Niedersachsen baut damit seine Spitzenstellung bei den Berufsverboten aus. Nur noch im Bereich der deutschen Bundespost werden DKP– Beamte in ähnlicher Weise verfolgt. Nach lautstarken Protesten der Zuhörer begründete der Vorsitzende Otto Groschupf das Berufsverbot gestern mit den „verfassungswidrigen Zielen“ der DKP, die Eckartsberg nach außen sichtbar und dauerhaft vertreten habe. Den Urteilspruch selbst mußte Otto Groschupf nach der Begründung noch einmal wiederholen. Er hatte den Satz über das Übergangsgeld für den Beamten vergessen. Der Richter hatte noch während des Schlußworts des Angeklagten gegen diesen ein Ordnungsgeld von 100 DM verhängt. Dieser durfte 20 Minuten lang sein Schlußwort im Sitzen sprechen, sollte dann plötzlich aufstehen und wollte nicht. Nach dem Ordnungsgeld wurde dem Angeklagten zum fünften Mal in dieser Verhandlung das Wort entzogen. Die gleiche Disziplinarkammer hatte bereits 1983 wegen einer DKP–Kandidatur gegen Karl– Otto Eckartsberg Berufsverbot verhängt. Der Niedersächsische Disziplinarhof hatte dieses Urteil jedoch aufgehoben. Gegen das zweite Verfahren haben zahlreiche Bundes– und Landtagsabgeordnete, Gewerkschaftsgremien, Künstler, Schüler, Lehrer und auch die Stadt Garbsen und ihre Partnerstädte protestiert. Der angeschuldigte Lehrer hatte schon zu Beginn des fünftägigen Verfahrens erklärt, angesichts seiner Erfahrungen mit Richter Groschupf im ersten Prozeß hege er keinerlei Hoffnung auf ein faires Verfahren. Sein Verteidiger Detlef Fricke sagte, dem Gericht sei es nicht einmal gelungen, den Anschein einer formellen Rechtsstaatlichkeit zu erwecken. Mehr über den Prozeß und den fürchterlichen Juristen Otto Groschupf auf Seite 5
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen