Israel: Neuer Presseprozeß

■ Jüdische Redakteurinnen der linken Wochenzeitschrift Nizzos werden der Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ beschuldigt / Erneute Begnadigung für Rechtsextremisten

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das Jerusalemer Bezirksgericht hat am Montag formell Anklage gegen Michal Schwartz und Roni Benefrat erhoben und die beiden seit Wochen inhaftierten Redakteurinnen der linken Wochenzeitschrift Nizzoz der Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ beschuldigt. Gemeint ist die marxistische „Demokratische Front zur Befreiung Palästinas“ unter der Führung von Naef Hawatmeh, die wie alle Organisationen der PLO in Israel als kriminelle Vereinigung gilt. Jeglicher Kontakt, auch außerhalb der Grenzen Israels, zu einer PLO–Gruppe wird in Israel strafrechtlich verfolgt. Sollten die beiden jüdischen Redakteurinnen verurteilt werden, müssen sie mit 15 Jahren Haftstrafe rechnen. Der Staatsanwalt klagt die beiden Chefredakteurinnen des in Hebräisch und Arabisch erscheinenden Magazins an, sie seien vor vier Jahren von der Demokratischen Front angeworben und hätten mit Geldern der Front eine politische Gruppe sowie ein Publikationsorgan ins Leben gerufen. Beide Frauen haben die Beschuldigungen zurückgewiesen. Mit der Begründung, ein öffentlicher Prozeß gegen die Nizzoz–Leute werde die Staatssicherheit gefährden, hat der Staatsanwalt beantragt, hinter geschlossenen Türen zu verhandeln. Die Anwältin der Beklagten, Felicia Langer, erklärte, sie beharre auf einem öffentlichen Prozeß, in dem sie die illegalen Praktiken anprangern werde, mit denen in Israel Geständnisse erzwungen werden. Die Herausgeber von Nizzoz, die sich durch eine offene Berichterstattung über die gewalttätige Praxis der Besatzungstruppen gegen Palästinenser hervorgetan haben, planen für Anfang Juni ein internationales Symposium in Tel Aviv über Pressezensur in Israel. Ob die Veranstaltung angesichts der Verhaftung aller Redakteure der Zeitschrift noch stattfinden wird, ist bisher nicht klar. Begnadigung für Rechtsextremisten Israels Staatspräsident Herzog hat zum zweiten Mal die Haft von drei zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilten jüdischen Rechtsextremisten reduziert. Im Sommer 1984 waren 27 jüdische Siedler u.a. wegen Bombenangriffen mit Todesfolgen gegen Palästinenser verurteilt worden. Inzwischen sind nur noch vier Verurteilte im Gefängnis und genießen dort Sonderrechte. In einem ersten Begnadigungsakt hatte Herzog 13 Verurteilte aus dem Gefängnis entlassen. Die wegen dreifachen Mordes verurteilten Terroristen müssen nach dem neuesten Bescheid weniger als die Hälfte ihrer Haftzeit absitzen.