: Erfolgreicher Gipfel ohne Resultate
Beim ersten Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Özal in Athen kamen die Kernpunkte der Differenzen zur Sprache / Statt Lösungen gab es nur nichtssagende Beteuerungen ■ Aus Athen Corinna Jessen
Ohne bahnbrechende Ergebnisse ist am Mittwochnachmittag der dreitägige Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Turgut Özal in Athen zu Ende gegangen. „Özal go home“ konnte man in diesen Tagen an vielen Athener Hauswänden lesen. Selbst die griechische Kirche hat offiziell gegen den Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Stellung genommen.
Die KP sieht zwar ein Klima des Dialogs als günstig für die Zypern-Frage an, ist aber wie die übrige Linke, die türkischen Asylanten, die verfolgten Kurden und die Angehörigen vermißter Zyprioten auf die Straße gegangen, um gegen die „Schande“ des Özal-Besuchs zu demonstrieren.
Aber über die Formel des „Nicht-Krieges“ sind Papandreou und Özal auch diesmal nicht hinausgekommen. Die gemeinsame Abschlußerklärung war ein Katalog nichtssagender Beteuerungen. Zum ersten Mal seit Davos sind wieder in aller Deutlichkeit die drei Kernpunkte der Differenzen auf den Tisch gebracht worden: Vom Abzug der türkischen Soldaten und Siedler aus dem seit 1974 besetzten Nordteil Zyperns ist für die Griechen der weitere Kurs der Beziehungen abhängig. Özal bleibt bei der Haltung, daß die beiden zypriotischen Gemeinden - die Republik Zypern mit dem demokratisch gewählten Präsidenten Vassiliou erkennt er nicht an - eine Übereinkunft finden müssen. Auf der Pressekonferenz ließ er immerhin verlauten, die türkischen Truppen würden „nicht bis in alle Ewigkeit auf Zypern bleiben“.
Der zweite Streitpunkt sind die territorialen Gewässer und damit die Schürf- und Ölbohrrechte. Athen will die Grenzen des Festlandsockels in der Ägäis vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag bestimmen lassen. Ankara sieht hier eine politische Differenz und weigert sich, nach Den Haag zu gehen.
Ein ähnlicher Konflikt besteht bei der Abgrenzung des Luftraums. Seit 1974 sind die Verletzungen des griechischen Luftraums durch türkische Militärflugzeuge an der Tagesordnung. Zehn Meilen werden international als nationaler Luftraum angesetzt, woran sich auch die Türken gehalten hatten, seit 1974 erkennen sie nur noch sechs Meilen an.
In diesen drei Punkten ist auch diesmal keine Annäherung erfolgt. Sie sind es auch, die einen starken Widerstand in der griechischen Öffentlichkeit gegen den Özal-Besuch ausgelöst hatten. Im linken Flügel der Regierungspartei Pasok („Panhellenische Sozialistische Bewegung“) wie in allen Oppositionsparteien herrschte seit dem Treffen in Davos die Meinung, die Lösung dieser Probleme keinen Gesprächsgegenstand darstellen, sei überhaupt erst Voraussetzung für einen Dialog. Papandreou wird wegen der Aufgabe dieses Standpunktes von allen Seiten stark angefeindet.
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