piwik no script img

Asbest im Zentralbad

■ Der Abriß kostet eine halbe Million Mark zusätzlich / Stadt Bremen als frühere Grundstücks-Eigentümerin bezahlt nach langem Tauziehen / Abriß Mitte August

Das alte Bremer Zentralbad im Bahnhofsviertel, das Mitte August fast völlig dem Erdboden gleichgemacht werden soll, um einer großangelegten Markthalle zu weichen (vgl. taz v. 8.7.88), ist mit Asbest-Deckenplatten ausgekleidet. Asbest ist wegen seiner faserigen Bestandteile als stark

lungenkrebserregend eingestuft, und für diese Altlast wird die Stadt Bremen als frühere Eigentümerin jetzt im nachhinein teuer bezahlen. „Da fassen Sie aber ein heißes Eisen an...“: Peter Garbade, zuständiger Niederlassungs -Leiter der Hamburger Baufirma und neuen Grund

stücks-Eigentümerin 'Strabag‘, zeigte sich gestern gegenüber der taz wenig begeistert, aber gesprächsbereit. Ein langes Tauziehen zwischen der Stadt Bremen und der Strabag ist jetzt zu Ende, und das Bauunternehmen hat es klar gewonnen. Rund vier Millionen Mark Kaufsumme soll die Strabag auf den Tisch der Stadt legen, sobald die Baugenehmigung vorliegt, und „das wird in den nächsten Tagen sein“, rechnete Garbade sich aus. Baubeantragt ist nach Auskunft des Bauordnungsamtes ein „Umbau, bei dem auch einige Abrisse vorgesehen sind“. Tatsächlich bleiben nur Reste der Außenmauern stehen, um die 100prozentige Flächenbebauung nicht neu beantragen zu müssen. Eigentlich hatte die Strabag 1 bis 1,2 Millionen Mark für Abriß („Entkernung“) und Abtransport des Schutts einkalkuliert. Jetzt wird das Ganze eine halbe Milion teurer - und die wird zum erheblichen Teil die Stadt Bremen zahlen, wie der Haushaltsausschuß in der vorigen Woche beschloß. Denn die Baugenehmigung wird die Auflage enthalten, „Abbruch und Entsorgung in umweltfreundlicher Form“ durchzuführen.

In der Bundesrepublik gibt es nur drei Spezial-Firmen, die Asbest-Gebäude abreißen dürfen. Das bedeutet: Sprengen ist wegen der Staubentwicklung verboten. Von Hand werden die Gesteinsschichten abgetragen, die Baustelle mit Folien abgehängt, die Arbeiter tragen Atemmasken. Zuletzt saugt eine Art Schutt-Sauger den giftigen Staub auf, und der Schutt wird in eine Sondermüll-Deponie gefahren. Erst wenn ein amtlicher Sachverstän

diger gemessen hat, daß die Luft rein ist, dürfen die normalen Bauarbeiten beginnen. Wenn diese Vorschriften eingehalten und die Asbest-Schuttplatten sofort abtransportiert werden, besteht für die AnwohnerInnen keine Gefahr, erklärte auf Anftrage das kollektiv organisierte Hamburger Wartig-Institut, das auf Asbest-Prüfungen spezialisiert ist. Denn nach den Luft-Untersuchungen des Gutachters Sporny, die in Berlin vor einigen Wochen für Aufregung und Abbrüche sorgten, ist dann schon in 100 Metern von der Abbruchstelle entfernt kein Asbest in der Außenluft mehr nachweisbar - an der Abbruchstelle selbst fliegen 80.000, bei Sprengungen gar 110.000 krebs-erregende Fasern in jedem Kubikmeter Luft.

„Weil die Stadt beim Verkauf zumindest hätte wissen können, daß da Asbest verbaut war, werden wir einen erheblichen Teil der zusätzlichen 0,5 Millionen Mark Abrißkosten übernehmen“, begründete gegenüber der taz Senatsdirektor Klaus-Wilhelm Timm die teure Entscheidung des Haushaltsausschusses. Die Strabag stand bei den Verhandlungen in guten Schuhen: Erstens hatte sie von den krebserregenden und teuer zu entsorgenden Platten beim Kaufvertrag nichts gewußt - und zweitens konnte sie mit Ausstieg aus dem Rennomier-Objekt drohen: „Sonst hätten wir das nicht gemacht!“, stellte der Strabag-Chef lakonisch fest.

Noch im Juli soll der Bauzaun kommen, und ab Mitte August abgetragen und - gerissen werden: Die Parkhausbetreiberfirma Apcoa rechnet mit dem Freimarkt-Geschäft. Susanne Paa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen