: Frankreich feiert neue Raketen
■ Armee übernimmt sogenannte „Abstandswaffe“ / Mittelstreckenraketen durch die Hintertür
Paris/Berlin (taz) - Die französische Armee hat am Dienstag fünfzehn Mirage-Kampfflugzeuge übernommen, die mit der neuen Atomrakete vom Typ ASMP ausgerüstet sind. Die ASMP ist eine sogenannte „Abstandswaffe“ mit einer Reichweite zwischen 100 und 300 km: Das Kampfflugzeug kann die Atomwaffe bis zu 300 km vor dem vorprogrammierten Ziel abfeuern und sofort „umkehren“. Da die „Mirage“ bis zu 1.200 km weit fliegt, verfügt Frankreich damit praktisch über atomare Mittelstreckenwaffen, die bis zu 1500 km weit reichen.
Die Einführung dieses neuen Waffensysteme wurde am Dienstagnachmittag auf dem Luftwaffenstütztpunkt Luxuell in Ostfrankreich gefeiert. An der Feier nahm auch Staatspräsident Mitterrand teil. Damit sind die ersten Waffensysteme im Rahmen des „Modernisierungsprogramms“ der französischen Armee eingeführt worden. Diese Waffensysteme zeigen eine neue Tendenz in der französischen Militärstrategie, die darauf abzielt, die Reichweiten der Kurzstreckenraketen, der sogenannten „prästrategischen“ Waffen, zu verlängern.
Gleichzeitig gibt es in Frankreich Überlegungen, mit Großbritanien, der anderen europäischen Atommacht, eine weitreichende luftgestützte Atomrakete zu entwickeln. Um die Jahreswende wurden deshalb mit Großbrittanien eine Reihe von Gesprächen geführt, die nach den bisherigen Informationen jedoch ergebnislos verlaufen sind. Diese Gespräche begannen, nachdem die USA und die Sojetunion den Abzug der Pershing-II -Raketen und der Cruise Missiles vereinbart hatten und europäische Regierungsmitglieder laut darüber nachdachten, wie die amerikansichen Mittelstreckenwaffen durch britische oder französische Atomwaffen wieder ersetzt werden könnten. Ebenfalls im Zuge der „Modernisierung“ plant die franzsösische Regierung, die „Pluton„-Raketen (Reichweite 120 km) durch „Hades-Raketen“ zu ersetzen (Reichweite bis zu 340 km). Das 13,6 Milliarden Francs-Programm ist bereits angelaufen.
„Das jetzt aufzugeben, würde bedeuten, in Randbereichen zu sparen“, erklärte Verteidigungsminister Chevenement im Gegensatz zu früheren Äußerungen. Angesichts früherer Äußerungen französischer Regierungsmitglieder sind immer Zweifel aufgekommen, ob die Hades wie geplant produziert wird.
Umbrecht/U. Sieber
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