: Kronos verklappt Arsen
■ Töpfer: Bundesrepublik Vorreiter im Kampf gegen die Säure Auch Arsen, Cadmium, Nickel und Chrom mitverklappt
„Die Bundesregierung unterstreicht ihre hart erarbeitete Vorreiterrolle in der Welt, mit der Dünnsäureverklappung endlich Schluß zu machen“. So feierte Bundesumweltminister Klaus Töpfer gestern in einer Presseerklärung seine Vereinbarung mit dem Nordenhamer Chemiewerk Kronos Titan. Gemäß dieser Vereinbarung wird die Firma in den kommenden beiden Monaten statt 4.800 Tonnen „nur“ noch 2.400 Tonnen Dünnsäure in die Nordsee verklappen.
In einem taz-Interview vor einem Monat hatte Töpfer erklärt, daß in seinem Ministerium nach Möglichkeiten gesucht werde, die Säure solange in Zwischenlager zu pumpen, bis die Recycling-Anlage Ende des Jahres 1989 voll einsatzbereit sei. Diese Idee, so ein Sprecher des Ministeriums gestern, sei fallengelassen worden. Die technischen Schwierigkeiten seien zu groß gewesen. Außerdem wären umfangreiche Genehmigungsverfahren nötig geworden, so daß die Zwischenlager-Tanks nicht eher fertig geworden wären als die Wiederaufbereitungsanlage.
Der Bremerhavener SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Grunenberg hat die Bundesregierung gefragt, was zusammen mit der
Dünnsäure an weiteren Schadstoffen in die Nordsee verklappt wird. Von Töpfers Ministerium hat Grunenberg jetzt eine erschreckende Antwort erhalten: Allein 200 Kilogramm Arsen gelangen jährlich mit den Säuretankern des Werks in die Nordsee. Bei den anderen Stoffen hat das Ministerium nicht herausgestellt, welchen Anteil an der gesamten europäischen Dünnsäureeinleitung in die Nordsee das Nordenhamer Chemiewerk hat. Es wurde lediglich mitgeteilt, welche Mengen alle europäischen Säure-Einleiter gemeinsam in die Nordsee spülen: 80 Kilogramm Cadmium, 22 Kilogramm Queksilber, 2,25 Tommen Kupfer, 2,5 Tonnen Blei fast 44 Tonnen Zink, 335 Tonnen Chrom und 19 Tonnen Nickel pro Jahr.
Als Quelle gibt das Bundesumweltministerium ein Arbeitsgruppe der zweiten internationalen Nordsee-Konferenz an. Aus dem Bericht dieser Arbeitsgruppe geht hervor, daß jede dritte Tonne Nickel, die mit Dünnsäure ins Meer gelangt, aus dem Nordenhamer Werk stammt. Damit ist der deutsche Anteil an der Dünnsäureverklappung aber noch nicht erschöpft: Auch aus dem Titan-Werk in Leverkusen gelangt das Gift in die See. mw
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