piwik no script img

„Blockade-Urteil absurd“

Stuttgart (taz) - Als absurd und im Widerspruch zu Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sowie einem Urteil des 2.Senats des Bundesgerichtshofs (BGH) stehend, bezeichneten gestern die Anwälte einer Mutlanger Sitzblockiererin das Urteil des 1.Senats am BGH zum Nötigungsparagraphen 240 vom Mai dieses Jahres. Diese Auffassung vertraten die Anwälte vor dem 3.Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Suttgart. Das OLG verhandelt seit gestern eine Anklage gegen die Blockiererin wegen Nötigung.

Am 23.Dezember 1985 hatte die 73jährige Angeklagte zusammen mit anderen für 20 Minuten die Ausfahrt des Mutlanger Pershing-Depots blockiert. Das Schwäbisch Gmünder Amtsgericht hatte die Frau zu einer Geldstrafe verurteilt. Die 2.Instanz, das Ellwanger Landgericht, dagegen konnte in der Blockade - auch im Hinblick auf Blockadeaktionen um das Stahlwerk Rheinhausen - keine sittenwidrige oder verwerfliche Nötigung entdecken und sprach die Frau frei. Bezugnehmend auf das Urteil des Bundesgerichtshofs ging daraufhin die Ellwanger Staatsanwaltschaft in Revision. Bis kommenden Donnerstag muß jetzt das Stuttgarter OLG entscheiden, ob das Urteil des Ellwanger Landgerichts bestätigt oder an eine andere Kammer zur Neuverhandlung zurückverwiesen wird. Besonders kritisierten die Rechtsanwälte, daß in dem o.g. Urteil des Bundesgerichtshofs jegliche Beweggründe eliminiert wurden; bestätige also das Stuttgarter OLG den Ellwanger Freispruch, so gerate es jetzt automatisch in Widerspruch zur höchsten Strafinstanz.

diwi

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen