WAA und Völkerrecht

„Da die WAA materiellrechtlichen Kriterien des Völkerrechtes nicht entspricht, ist sie in ihrer beantragten Auslegung als völkerrechtswidrig anzusehen.“ Zu diesem Ergebnis kommt die „Projektgruppe Wiederaufarbeitung Salzburg“ vom Senatsinstitut für Politikwissenschaften in ihrem gestern in Neunburg vorgestellten Gutachten zur Rechtsverträglichkeit der WAA-Wackersdorf. Die beiden Wissenschaftler Erfried Erker und Georg Schöfbänker haben die Studie im Auftrag der grünen Fraktion im österreichischen Parlament erstellt.

Dem Gutachten nach verstößt die geplante WAA in Wackersdorf selbst gegen bundesdeutsche Gesetzesnormen, unter anderem gegen Paragraph 9a des Atomgesetzes, da „die Wiederaufarbeitung weder schadlos durchgeführt werden kann noch wirtschaftlich vertretbar ist und der Schutzpflicht gegenüber Leben und Gesundheit zuwiderläuft“.

Neben der fehlenden Rückhaltung des radioaktiven Krypton85 und der unzureichenden Sicherung gegen Erdbeben moniert das Gutachten die „mangelnde Fachkenntnis und Zuverlässigkeit“ der Betreiberfirma DWK.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, daß die WAA bereits im Normalbetrieb zu einer „meßbaren, permanenten und zweifellos unüblichen Schädigung der österreichischen Bevölkerung führt“. Als Vorfluter der WAA ist die wasserarme Naab vorgesehen, die schließlich in die Donau mündet, aus der wiederum Wien 15 Prozent seines Trinkwassers gewinnt.

Damit ist die geplante Anlage in Wackersdorf die einzige kommerziell betriebene WAA, deren Abwässer nicht zum größten Teil ins Meer geleitet würden. Zudem liegt die WAA Wackersdorf inmitten eines dichtbesiedelten Gebietes. Die Städte Salzburg und Linz sind nur 125 beziehungsweise 170 Kilometer von der WAA entfernt. Die Hauptwindrichtung der WAA zielt nach Österreich.

Allein „der faktische Schadstoffexport durch eine Politik der hohen Schornsteine“, so kommentiert die Studie den geplanten 220-Meter-Kamin, „begründet zumindest ein völkerrechtliches Mitspracherecht seitens des betroffenen Nachbarstaates Österreich“. Mit der geplanten Freisetzung von Krypton85 widerspreche die WAA dem „völkerrechtlichen Diskriminierungsverbot“, wonach einem Nachbarstaat nicht mehr zugemutet werden darf als dem eigenen Land. Denn offensichtlich sei ein zentrales Ge nehmigungskriterium, die me teorologischen Bedingungen, „schlichtweg fallengelassen“ worden.

Die grundsätzlich anerkannte Völkerrechtsmäßigkeit von Grenzkraftwerken sei auf die WAA nicht übertragbar, da „das Radioaktivitätspotential der WAA das von AKWs um Größenordnungen übersteigt“. Das Völkerrecht kennt außerdem die Verpflichtung, grenzüberschreitende Schädigungen präventiv zu verhindern. Daß diese nicht eingehalten werde, ergebe sich schon daraus, daß „die fahrlässige Erdbeben -Auslegung selbst nationalem Recht widerspricht“.

Bei der Vorstellung ihrer Studie warfen die Gutachter der BRD außerdem vor, sich mit der WAA eine nukleare Option offenhalten zu wollen. Die BRD werde dadurch zum potentiellen Atomwaffenstaat, was einer politischen Destabilisierung des gesamten mitteleuropäischen Raumes gleichkomme. Besonders das neutrale Österreich sei davon betroffen. Um die Frage der nuklearen Option beim Erörterungstermin zur Sprache zu bringen, beantragte Dr.Walter Geyer von der grünen Fraktion im österreichischen Parlament, Bundesverteidigungsminister Scholz, Bundesforschungsminister Riesenhuber und den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß nach Neunburg als Zeugen zu zitieren.

bs