: tlapS ottO...B.z.
■ teiS nretseg tfuäl mi ameniC rotrestO red egärhcs reba ehcsimokuas eneR nidaurreP mliF „z.B....ottO tlapS“ – Gott sei Dank nur z.T. rückwärts. Ein Draufhauen auf die Filmförderung mit Alfred Edel und Otto Sander
Der Film ist schön und lustig und sehr sophisticated verspielt, ein kleines schräges Stück Celluloid zum Liebhaben für Kinomenschen. Das fängt schon mit der Filmverleihgesellschaft an, die heißt niedlich FiFiGe, und man kann dickköpfig überzeugt davon sein, daß sei pure Absicht. Ein Gesamtkunstwerk Film. Das einzige, was man ihm vorwerfen könnte, ist: Es ist keine Liebesgeschichte.
Rene Perraudins Film „z.B. ...Otto Spalt“ ist eine Clever&Smart-Hochkultur-Hintertücke und genau der richtige Weg, fünf
völlig unzusammenhängende Kurzfilme (einzige Gemeinsamkeiten: alle reichlich filmpreisausgezeichnet, alle hochgradig alberige Irgendwie-Kunst-Filme und alle mit Hauptdarsteller Otto Sander) an einem Stück ins kommerzielle Spielfilm-Kino zu schummeln. Man macht einfach sechs Sequenzen „Filmprojektprüfungshauptausschuß“-Rahmenhandlung drumrum, in denen Filmemacher Otto Spalt (genau: Otto Sander) die fünf Meisterspaßwerke zwecks Filmförderungbewilligung einem einigermaßen grotesken Gremium vor
führen darf. Zur fast unerträglichen Vermehrung der Ich –hab's-ja-immer-gewußt-so-doof-sind-die-Kinofreuden packt Perraudin dann noch einen feuilletonistisch locker daher schnarrenden Wir-schauen-für-Sie-auf-die Studiouhr –Kabelfernsehfritzen drauf. Den spielt Rolf Zacher. Das ist genial. Das ist fast zu viel.
Rene Perraudin, 1947 in Paris geboren, 1951 nach Freiburg versiedelt, hat eine intellektuelle Rundbrille und einen Schnauzbart und schaut damit gar nicht nach schräg avantgardistischem Kunstkultur-Trivialkomödianten aus. Er hat Architektur studiert (das merkt man nicht) und Regie / Kameraarbeit an der Deutschen Film-und Fernsehakademie in Berlin (das merkt man sehr angenehm). Otto Spalt ist Perraudins erster Kinofilm. Da spielt er kinderfroh lustvoll und ungestüm im Sandkasten der Fimtechnik: mal rückwärts laufende Kamera, mal garantiert schnittfreie Eine –Einstellung-Produktion, mal Einzelbild-Schnellmontage von Menschengesichtern (genau so wie im 87er Godley&Creme –Popvideo, bloß daß „Phantom“, erster der in Otto Spalt verwursteten Kurzfilme, knappe zehn Jahre vorher gedreht worden ist), mal eine Löcher mitten hinein in die Dialoge
hackende Schnitt-Technik oder oberstures Wegsehen der Kamera mit Frikadellen-Nahkampf im Off, den der Zuschauer sich zwischen Blutspritzern, Senfschlachten, umstürzendem Küchengerät nebst Koch gefälligst selbst vorzustellen hat. Er bekommt bloß ein paar kriminalistisch ulkige Indizien der Buletten-Schlacht vors Auge, sitzt da rätselnd und Zweideutiges zur Geräuschkulisse denkend im Kinosessel und will nicht, das es aufhört. Es hört aber auf. Ist bloß ein Kurzfilm.
Der Rahmenhandlung-Film dagegen ist schön richtig ruhig gefilmt, das ist erstens glaubwürdig und zweitens auch ganz nett anzusehen. Bloß die Eingangssequenzen (Kabelfernsehen erobert den Filmförderungsausschuß-Sitzungssaal) ist von torkeliger Hand-Kamera-Qualität und unbedingt nur nüchtern zu betrachten und wird genau dann aufs Stativ gesetzt, wenn man hundselend gerade wegsehen möchte.
Mitwirkende der Rahmenhandlung sind nebst Filmemacher Otto Spalt ein Haufen volldoofer Filmjury-Mitglieder: Alfred Edel ( der von der Neuen Frankfurter Schule) als Vorsitzender Dr. hc. Kohlhammer ist von wunderbar dick aufgetragener Blöd
heit, Heinz Meier ist Prof. Prüfspitz (“Wie können Sie diesen Film gedreht haben, wo Sie doch selbst mitspielen, hä? Ist das überhaupt Ihr Film?“), Ingeborg Steiert ist Frau Dr. Donnermann, die auch bei irgendwie obszönen Filmen tapfer sitzen bleibt (“Als emanzipierte Frau muß man einiges ertragen“) und dem Robert-Lembke-Beruferaten-Team direkt aus dem Gesicht geschnitten ist, dazu noch ein lüsterner Vikar (“Fickar“) Leucht, der an Frau Donnermann gern einmal rumtatscht, und schließlich ein Schnurrbartvertreter des Filmnachwuchses (“Flimmerkiste e.V.“), von ähnlicher Comicfigur-Qualität wie der tumbe Rest. Alles dermaßen übertrieben und immer das kleine bißchen wahr, daß Otto Spalt fürs Draufhauen auf die Filmförderung noch Filmgförderung bekommt und das Prädikat „besonders wertvoll“. Abziehbilder tun keinem weh. So bin ich doch nicht. So bist Du doch.
In den Kurzfilmbeiträgen dann noch Romy Haag als Leiche und Katharina Thalbach, augenschön und mundsinnlich, als Doppel –Kartoffelchip-Agentin. Das reicht völlig. Los, reingehen.
Petra Höfer
Cinema Ostertor, 20.45 Uhr
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