Illegale Atomtransporte der DWK

DWK-Tochterfirma 'Gesellschaft für Nuklearservice mbH (GNS)‘ an Schmiergeldpraxis um Atomtransporte beteiligt / Herkunft der illegal nach Mol gelieferten 350.000 Kilogramm hochaktiver Abfälle weiterhin ungeklärt  ■  Aus Neunburg Bernd Siegler

„Sind Mitgliedsfirmen des WAA-Errichtungskonsortiums an der illegalen Anlieferung hochradioaktiver flüssiger und fester Abfallstoffe in die belgische Wiederaufarbeitungsanlage Eurochemic in Mol beteiligt?“ Wie schon oft zuvor bei anderen Themen hüllen sich die DWK-Vertreter beim WAA -Erörterungstermin in Neunburg vorm Wald in Schweigen. Doch Eduard Bernhard, rühriger Vorkämpfer der Initiative Umweltschutz in Hanau und Vorstandsmitglied des BBU, läßt nicht locker. Seine Nachfrage, ob denn die Firma Nukem daran beteiligt sei, nutzt DWK-Vertreter Ludwig Harms zum Zeitgewinn. Da müsse man erst bei der Nukem-Geschäftsleitung anfragen, durchbricht er sein Schweigen, um sogleich wieder in die Rolle des Beobachters zurückzufallen. Nukem, im WAA -Konsortium vertreten, glänzt in Neunburg durch Abwesenheit.

Eduard Bernhard hat den Verdacht, daß sogar die DWK höchstselbst an der illegalen Anlieferung von 350.000 Kilogramm flüssiger und fester Atomabfälle nach Mol beteiligt war - über die Firma Gesellschaft für Nuklearservice mbH (GNS) mit Sitz in Essen. Die DWK, deren Vertreter in Neunburg Fragen nach ihrer Zuverlässigkeit in das Reich der ungeheurlichen Unterstellungen verweisen, ist an der GNS mit 27,5 Prozent beteiligt. Vor der Transnuklear(TN)-Bestechungsaffäre wickelte die GNS 20 Prozent aller Atommülltransporte ab. Bis heute ist ungeklärt, welche Firmen wieviel dieser illegal nach Mol geschafften Atomabfälle transportiert und welche Energieversorgungsunternehmen (EVU) die Transporte in Auftrag gegeben haben. Da dieser Müll in Mol weder wiederaufarbeitbar noch konditionierbar sei, muß ihn die BRD, so Bundesumweltminister Töpfer, wieder zurücknehmen.

Eduard Bernhard will jetzt die Staatsanwaltschaft in Hanau in die Pflicht nehmen, denn gerade aus den Unterlagen der TN -Bestechungsaffäre nährt er seinen Verdacht. Das staatsanwaltschaftliche Vernehmungsprotokoll des für Auftragsakquisition und damit für die Schmiergelder zuständigen TN-Manager Hans Holtz vom 22.Juni 1987 legt die Vermutung nache, daß nicht nur die Firma Transnuklear Schmiergelder gezahlt hat, sondern auch ihre direkte Konkurrentin, die GNS. Nach Plänen der bundesdeutschen EVUs wird die GNS die Nachfolge der TN in der Entsorgung bundesdeutscher AKWs übernehmen. Holtz erwähnt die GNS im Zusammenhang mit Bestechungsgeldern an Klaus Ramcke von der Preußen Elektra, der ebenso wie Holtz später Selbstmord beging. „In diesem Zusammenhang fiel auch der Name unserer Konkurrenzfirma GNS. Die Forderungen unserer Kunden waren teilweise so unverschämt, daß sie bis zu zehn Prozent des Auftragswertes betrugen.“ Aus einer handgeschriebenen Liste mit dem Titel „Aufwendungen für Kunden: Aufschlüsselung nach EVU“ geht detailliert hervor, in welchen Größenordnungen sich die „Ausgaben“ für die Geldempfänger bewegen. Für ein Auftragsvolumen von 1.347.000 Mark für den Transport von flüssigen und brennbaren Abfällen bezog Ramcke zum Beispiel am 3.August 1983 24.000 Mark in bar. Insgesamt kam Ramcke 1983 bei einem Auftragsvolumen von knapp 6,5 Millionen Mark auf „Aufwendungen“ von 102.000 Mark. Im gleichen Jahr erhielt der für Entsorgung verantwortliche Sachbearbeiter Schacky von den Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerken (RWE) 56.000 Mark für Transportaufträge über flüssige und feste Abfälle mit einem Volumen von 3,1 Milionen Mark. Insgesamt flossen 1983 für den Transport flüssiger bzw. brennbarer Abfälle 272.643 Mark Aufwendungen. Immer wieder finden sich in der bis 1986 reichenden Liste Schmiergelder in Zusammenhang mit dem Transport flüssiger und fester Abfälle.