Jungs klauten Teddybären und Gewehre

■ Eine Gruppe von fünf Jugendlichen drang ein Jahr lang immer wieder in eine heruntergekommene Speditions-Lagerhalle auf dem AG-Weser-Gelände ein, stöberte und stahl Malstifte, Glühbirnen und schließlich auch zwei Gewehre

Vorstellen muß man sich eine alte, heruntergekommene, vollgestopfte Lagerhalle mit geborstenen Scheiben und nur angelehnten Toren im bremischen Hafengebiet: geheimnisvoller und verlockender als jeder Abenteuerspielplatz. Auf dem früheren Gelände der AG Weser hat die Speditionsfirma Anton Günther eine Halle übernommen, um dort Kisten, Kartons und Container zwischenzulagern.

Wegen einer ganzen Serie von Einbrüchen oder Einstiegen in diese Halle über ein ganzes Jahr hinweg und wegen Diebstahls saßen gestern fünf Gröpelinger Jungs vor dem Bremer Jugendrichter: super-artig und mit blassen Nasenspitzen. 14 Jahre alt war der Jüngste, als er mit einem Freund die Halle entdeckte, auf den Werft-Kränen herumkletterte, durch eins der vielen zer

brochenen Fenster einstieg, Maschinen und Baumwollballen fand. Und dann waren da die Kisten und Kartons der Spedition. Malblöcke und Taschenlampen-Batterien, 1 Video -Gerät und Lacoste-Hemden, 2 Glühbirnen und 1 Rolle Klebeband, einen Plattenspieler und Teddybären, blecherne Goldketten und ähnlich gemischten Kram fanden, nahmen und behielten die Jungs und ihre beiden Freunde, die nach und nach mitmachten, für sich.

Trotz 12 oder 14 Einbrüchen kamen Spedition und Polizei erst richtig in Schwung, als auf einmal aus einer Kiste 2 Winchester-Jagdgewehre und 200 Schuß Munition fehlten. Zwei der Jugendlichen hatten eine ganze Kiste davon herumstehen sehen, zwei Gewehre mitgenommen und so stolz wie ratlos in einer Grünanlage versteckt. Eine türkischer Le

bensmittelhändler legte aus dem Stand 200 Mark für ein Gewehr auf den Tisch, das die beiden Jungs frühmorgens im Hosenbein versteckt in seinen Laden geschmuggelt hatten. Als sie auch das zweite holen wollten, war es nicht mehr da und blieb bis heute verschwunden.

Vor dem Jugendrichter Dr. Klosterkemper gestanden alle fünf ohne Wenn und Aber: Eingebrochen seien sie, fünf-bis 12-oder 14mal, auch Scheiben hätten sie schonmal eingeschlagen und seien auf Baumwollballen rumgeklettert und hätten all das mitgenommen, was die Staatsanwaltschaft akribisch notiert hatte. Aber der Plattenspieler, der hätte gar nicht gespielt. Sie gaben zu, auch einen Zigaretten-und Colaautomaten in dem Gebäude „mit so einem langen Eisen“ aufgebrochen und mindestens 2 Flaschen Cola und Zigaretten gestohlen zu haben. Wie von einem Geheimnis, einer Höhle, einem Schatz berichteten die fünf mit mühsam gefundenen Worten von „ihrer“ Halle - aber eine „gute Quelle“ sei das für sie nicht gewesen. Außer dem Gewehr ist tatsächlich nichts weiterverkauft worden.

Die Polizei hatte später „mindestens 50 Löcher“ im Gebäude gezählt, durch die Unbefugte spielend einsteigen konnten. „Das ist nicht nur schwerer Diebstahl, sondern auch ein besonders

schwerer Fall von Nachlässigkeit des Eigentümers“, plädierte Verteidiger Schulze-Eickenbusch, „es gibt Verantwortlichere als diese Jugendlichen!“ Und überhaupt gehörten die richterlichen Mahnungen, wie gefährlich so ein Gewehr mit einer Reichweite von mehreren Kilometern sei, besser

an die Adresse der Spedition. Der Richter sprach die geständigen Jungs schuldig, ließ sie aber straffrei. Arbeitsauflagen zwischen 10 und 3 Tagen bekamen sie, einer wurde zu einem „Übungs-und Erfahrungskurs“ des Vereins für Jugendbewährung verdonnert.

Der Geschäftsführer Seekamp

der Spedition sieht keinen Grund, die Halle besser zu sichern: „Man kann das gar nicht 100prozentig einbruchssicher machen“, erklärte er gegenüber der taz, und: „Wir haben ja weiter keinen Schaden gehabt.“ Die Malblocks bezahlt den Kunden die Versicherung. Susanne Paa