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Tote Algen in Venedig

■ Hunderttausende Tonnen Algen faulen / Dämpfe bewirken Übelkeit und Atemnot

Berlin (ap/taz) - Die Lagune von Venedig ist umgekippt. Hunderttausende Tonnen Algen sterben und faulen in Venedigs Kanälen. Sie verbreiten dabei einen bestialischen Gestank. Die Venezianer leiden an Übelkeit, Atemnot, Erbrechen und Halsschmerzen. Manche Gondolieri reichen ihren Fahrgästen Operationsmasken, um sie vor den Ausdünstungen der Lagune zu schützen.

Dem Algensterben war eine ungewöhnliche Algenblüte vorangegangen, die durch die Verschmutzung der Lagune und ungünstige Wetterbedingungen wie Hitze und Windstille ausgelöst worden war. Hinzu kam, daß die Flut ausblieb, die sonst einen großen Teil der Schadstoffe ins offene Meer trägt. 38.000 Tonnen Algen wurden zuletzt täglich aus der Lagune gebaggert. Die Algenbagger waren jeden Tag 14 Stunden im Einsatz - vergeblich. Jetzt faulen die Algenmassen und verbrauchen dabei mehr Sauerstoff, als dem Gewässer zugeführt wird. Dadurch stirbt auch die übrige Flora und Fauna. Die einzige Chance für die Lagune: frischeres Wasser aus der Adria, das aber nur ein Sturm hineintreiben könnte. Allerdings ist nicht sicher, ob und und in welchem Maße die Lebewesen der Lagune sich von diesem Schlag erholen werden.

„Ein Tschernobyl der Algen“, kommentierte die stellvertretende Bürgermeisterin Rosa Carbone über die ökologische Katastrophe. Nach ihrer Aussage werden jährlich 10.000 Tonnen Stickstoff und 2.000 Tonnen Phosphate in die Lagune geleitet. Rund neun Milliarden Lire hatte die italienische Regierung im Rahmen eines „Zehnjahresprogrammes“ zur Bekämpfung von Flutschäden und Umweltverschmutzung in Venedig bereitgestellt. Am Montag befand jedoch der italienische Rechnungshof, daß ein großer Teil des Geldes „unproduktiv“ ausgegeben worden sei. Zuviel sei in Forschung, Versuche und das Ausbaggern der Kanäle geflossen, zu wenig für die Kontrolle der Flut und der Umweltschäden verwendet worden.

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