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Neue Auto-Teststrecke für Audi

■ 259 Hektar für Neubau der VW-Tochter in Bayern / Kaum Widerstand gegen Projekt / Planungsverband gab Zustimmung / Wald kaputt, Erholung perdu, aber Arbeitsplätze

Neustadt/Donau (dpa/vwd) - Der Weltkonzern Daimler-Benz schaffte es trotz jahrelanger Bemühungen im baden -württembergischen Boxberg nicht; für die VW-Tochter Audi scheint die gleiche Aufgabe in Bayern fast problemlos lösbar: Das Automobilunternehmen plant bei Neustadt/Donau an der Grenze zwischen Ober- und Niederbayern auf 259 Hektar Wald- und Ackerflächen den Neubau einer Automobilteststrecke.

Über 22 Hektar des Areals sollen dafür Anfang der 90er Jahre geteert oder bebaut und knapp 30 Hektar Wald müssen nach den bisherigen Plänen gerodet werden. Widerstand gegen das Projekt gibt es kaum, wenngleich selbst die Regionalplanungsstelle bei der Regierung der Oberpfalz in einem jetzt veröffentlichten Gutachten Bedenken erhob.

Die Einwände der Fachleute: Das Gelände ließe sich ohne Eingriffe in den Waldbestand anderweitig besser nutzen, außerdem werde der Erholungswert des Landstrichs durch das Projekt beeinträchtigt. Trotzdem stimmte der Regionale Planungsverband in der vergangenen Woche „aus Gründen der Arbeitsplatzsicherung“ für den Teststreckenbau. Nach den bestehenden Konzepten sollen auf der bisher land- und forstwirtschaftlich und für Erholungszwecke genutzten Fläche zwischen den Raffineriestandorten Neustadt und Münchsmünster diverse Prüfstrecken für Fahrwerks-, Motoren- und Karosserietests von Personenwagen, inclusive Büros und Wartungseinrichtungen mit 70 neuen Arbeitsplätzen entstehen.

Das Gelände sei aber auch hervorragend für Industrieansiedlungen mit 7.000 Arbeitsplätzen geeignet, ohne daß, wie im Fall des Audi-Projekts, der vorhandene Wald angetastet werden müsse, gab die Regionalplanungsstelle in ihrem Gutachten zu bedenken. Gleichzeitig verwies die Planungsstelle darauf, daß gerade dem Wald in dieser industriell stark belasteten Region große Bedeutung für das Klima, den Wasserhaushalt und die Luftreinigung zukomme.

Der Regensburger Planungsverband stimmte dem Projekt im derzeit laufenden Raumordnungsverfahren letztendlich aber zu, weil es der Wettbewerbsfähigkeit der Audi AG auf dem Weltmarkt diene. Rund 2.000 Arbeitnehmer aus dem Raum Regensburg stehen nach einer Erhebung bei Audi auf den Lohnlisten.

Eine abwartende Haltung in der Diskussion um das Testzentrum nahm bisher die Stadt Neustadt ein. Die Kommunalpolitiker machen ihre Zustimmung zum Bauvorhaben vom Ergebnis der Verhandlungen mit der Stadt Ingolstadt über die Umverteilung der am Unternehmenssitz Ingolstadt anfallenden Gewerbesteuer abhängig. „Rein rechtlich könnten wir aus dem Teststreckenbetrieb jährlich mit nur 100.000 DM Gewerbesteuer rechnen. Dafür geben wir aber nicht 250 Hektar wertvollste Industrieansiedlungsflächen her“, sagte Bürgermeister Hans Gigl. Aus Sicht des Naturschutzes sieht Gigl dagegen durchaus Vorteile: Insgesamt werde das Gelände heute landwirtschaftlich viel intensiver genutzt als es nach dem Bau der Teststrecke der Fall sein wird, meinte er.

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