piwik no script img

Hamburg gegen Preussags Erpressung

■ Streit in Hamburg um Ölsuche in der Nähe von Seehund-Kolonien / Energiekonzern soll 20 Mio. Schadensersatz von Hamburg gefordert haben / Hamburg verweigert Zahlung / Preussag dementiert

Berlin (taz) - Im Öl-Streit um die in der Elbmündung gelegenen Inseln Neuwerk und Scharhörn ist der Energiekonzern Preussag offenbar mit einer neuen Offensive gescheitert. Die Stadt Hamburg will verhindern, daß die Preussag in dem unter Naturschutz stehenden Gebiet direkt unter der einzigen Seehund-Kolonie Hamburgs nach Öl bohrt. Doch der Konzern setzte die Hansestadt unter Druck: Er erklärte, das Wattenmeer nur gegen einen 20-Millionen-Scheck in Ruhe zu lassen - eine Summe, die die Preussag bereits in die Erkundungsarbeiten vor Ort investiert haben will. Hamburgs Umweltminister Kuhbier bestätigte gestern diese Forderung und verweigerte die Zahlung: „Ich werde der Preussag die Verpflichtung zum Umweltschutz nicht abkaufen.“ Der Energiekonzern dementierte gestern die Schadensersatzforderung.

Die juristische Lage ist vertrackt: 1963 übernahm Hamburg die Sanddünen vor Cuxhaven im Rahmen eines Gebietsaustausches, ohne allerdings die Bergrechte mitgeliefert zu bekommen. Die blieben beim Land Niedersachsen, die die Schürfrechte inzwischen an die Preussag verschachert hat. Weil die Möglichkeit von Ölbohrungen in dem Vertrag zwischen Hamburg und Niedersachsen ausdrücklich festgeschrieben ist, erteilte Hamburgs Umweltbehörde dem Energieunternehmen im letzten Sommer die Genehmigung zu Voruntersuchungen. Doch widrige Wetter und ein Widerspruch des Deutschen Vogelschutz-Bundes (DBV) verhinderten die künstlichen Erdbeben im Naturschutzgebiet bisher. Der Fall liegt immer noch vor Gericht: Naturschutzgesetz contra niedersächsisches Bergrecht.

Mitten in das allgemeine Entsetzen über das Robbensterben platzte im Juni dann die Nachricht über den Bohr-Antrag der Preussag, die aber nach Protesten zum vorsichtigen Rückzug blies. In Vorgesprächen mit Vertretern der Umweltbehörde bot sie an, auf die Ölbohrungen in diesem und wohl auch nächstem Jahr zu verzichten. Gegen die kleine Entschädigung von 20 Millionen Mark allerdings.

Die Preussag ließ gestern verlauten, die Schadensersatzforderungen habe sie „zu keinem Zeitpunkt“ gestellt. Gegenwärtig verhandele sie mit den Hamburger und niedersächsischen Behörden, um aus ihrer „bergrechtlichen Verpflichtung zu Aufschlußbohrungen entlassen“ zu werden. Doch wie die taz erfuhr, soll es dabei nur um einen Antrag auf Fristverlängerung gehen. Im Klartext: Wenn sich die Nordsee-Wogen geglättet haben, kommt die Preussag auf die Ölbohrungen wieder zurück.

Gabi Haas.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen