WAA-Anhörung - eine Farce

■ Siemens schafft Fakten schon vor 2. WAA-Teilerrichtungsgenehmigung und bestellt Anlagenteil / NUKEM bearbeitet WAA-Abfall / Versuchter „Lauschangriff“

Neunburg vorm Wald (taz) - Für die Betreiberfirma der „Oberpfälzer Atommüllfabrik“ DWK, scheint der Erörterungstermin zur zweiten Teilerrichtungsgenehmigung nur eine lästige Formalität zu sein. Gestern, am 22. Tag der Anhörung, legte Bernhard Fischer vom Darmstädter Öko -Institut einen Brief vor, der beweist, daß die Herren fest davon ausgehen, die Genehmigung schon in der Tasche zu haben. Bereits am 3.März dieses Jahres gab der Siemens -Unternehmensbereich KWU bei der Duisburger „Standard-Kessel -Gesellschaft“ eine Frischdampferzeugeranlage im Wert von 5,2 Millionen Mark in Auftrag. Diese Anlage ist jedoch Bestandteil der zweiten Teilerrichtungsgenehmigung, kann also erst nach deren Erteilung gebaut werden. Die Auftragsbestätigung erhielt die Siemens AG am 13.Juli, also zwei Tage nach Beginn der WAA-Anhörung.

Die Hanauer Atomskandalfirma NUKEM ist auch für die „Abfallbehandlung“ des radioaktiven Mülls aus der WAA zuständig. Die Betreiber der umstrittenen Brennelementfabrik NUKEM sollen außerdem die Vorschriften erstellen, die von den Glasbehältern mit hochradioaktivem Müll zur Endlagerung erfüllt werden müssen. Gleichzeitig ist die Skandalfirma innerhalb des Errichtungskonsortiums der WAA ausgerechnet für „die Spaltmaterialüberwachung der gesamten Anlage“ zuständig. Damit kann die Firma, nach Ansicht des Bremer Physikers, Gerald Kirchner, dort wieder anknüpfen, wo sie in Hessen aufgehört hat. Die Einwender forderten deshalb vehement, daß NUKEM die Zuständigkeit dafür entzogen wird. Gleichzeitig verwies Kirchner darauf, daß die endgültige Prüfung, ob die NUKEM-Produkte endlagerfähig sind, von der Physikalischen Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig übernommen wird.

Der Haken daran: Die PTB wiederum ist die Antragstellerin für das in Bundesverantwortung geplante Endlager Gorleben in Niedersachsen. Damit darf sich (wieder einmal) die Antragstellerin quasi selbst prüfen.

Ausweichend reagierten die DWK-Vertreter auf Fragen nach Dichtigkeit des Rohrleitungssystems in der WAA. Ein Vertreter des bayerischen TÜV erklärte, daß nach Untersuchungen des Kernforschungszentrums Karlsruhe bei fünf bis zehntausend vorgesehenen Verbindungsrohren keine absolute Dichtheit zu erwarten sei. Maximal werde aus den Rohren ein zehntel Liter pro Stunde tropfen. Für den Vertreter der DWK war das Problem nicht relevant.

Zum Eklat kam es als Rechtsanwalt Baumann aufdeckte, daß auf dem Podium Mikrofone aufgestellt wurden, um angeblich, so das Umweltministerium, die Geräuschkulisse in der Halle aufzunehmen. Nachdem der Anwalt dagegen protestierte wurden die Mikrofone vorerst nicht aufgebaut. Die bayerischen Grünen kündigten ein parlamentarisches Nachspiel aufgrund dieses „Lauschangriffs“ auf die WAA-Gegner an.

Luitgard Koch