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Polizei verhindert koreanisches Studententreffen

■ Schwere Zusammenstöße in Seoul / 1.286 Studenten festgenommen / Friedensmarsch nach Panmunjom mit Tränengas und Schlagstöcken verhindert / Nordkoreanische Kommilitonen warteten vergebens / Roh Tae-Woo will bilaterale Gespräche

Seoul/Tokio (afp) - In der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ist es am Montag erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Augenzeugenberichten zufolge setzte die Polizei mehrfach Tränengas und Schlagstöcke ein, um die Studenten daran zu hindern, das Gelände der Yonsei Universität zu einem Friedensmarsch nach Panmunjom zu verlassen.

Insgesamt wurden 1.286 Studenten festgenommen, berichtete die Polizei. Im Grenzort Panmunjom warteten indessen die nordkoreanischen Kommilitonen vergeblich auf die Abordnung aus Südkorea, mit der sie Gespräche über die Wiedervereinigung und die Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Spielen in Seoul führen wollten. Unterdessen schlug Südkoreas Präsident Roh Tae-Woo dem Präsidenten Nordkoreas, Kim Il Sung, bilaterale Gespräche zur Wiedervereinigung des geteilten Landes vor.

Wie Augenzeugen berichteten, lieferten sich Polizisten und Demonstranten wie bereits am Tag zuvor regelrechte Straßenschlachten. Die Polizei setzte massiv Tränengas ein, um den Ausgang des Universitätsgeländes abzusperren, worauf die rund 2.000 Studenten mit Steingeschossen und Molotow -Cocktails antworteten. Die Polizisten hätten brutal auf Studenten eingeschlagen, die am Boden lagen, oder sich weigerten, die Köpfe zu senken, als sie in bereitstehende Polizeiautos gezerrt wurden, hieß es weiter. Unter den Festgenommenen befindet sich auch der „Hauptdelegierte“ für das zuvor von der südkoreanischen Regierung verbotene Treffen in Panmunjom, Kim Choong-Ki, sowie vier andere Delegierte, die ein Plakat mit der Aufschrift „Das Vaterland einigen“ schwangen.

Am Montag nachmittag wartete eine Gruppe von 20 nordkoreanischen Studenten und 20 Beobachtern in Panmunjom vergeblich auf die südkoreanische Abordnung zu den Wiedervereinigungsgesprächen. Studenten hatten zuvor in Seoul mitgeteilt, etwa 200 Studenten hätten das Universitätsgelände heimlich in der Nacht verlassen, um über Bergstraßen nach Panmunjom zu gelangen. Die reguläre Straße in die entmilitarisierte Zone im Norden des Landes, etwa 50 Kilometer nördlich von Seoul, wird nach Augenzeugenberichten von einem großen Polizeiaufgebot bewacht, das jüngere Leute eingehend überprüft.

Bei einer öffentlichen Feier anläßlich Koreas Unabhängigkeit am Ende des Zweiten Weltkriegs meinte indessen Präsident Roh am Montag, sein nordkoreanischer Amtskollege Kim und er sollten sich so früh wie möglich treffen, um die nationale Einheit voranzutreiben, nach der sich die 60 Millionen Koreaner sehnten. Ein Treffen auf höchster Ebene sei „das wirksamste Mittel, um alle Probleme zu lösen“. Dieser Vorschlag sei jedoch nicht neu, betonten politische Beobachter in Seoul. Bereits sein Vorgänger Chun Doo-Hwan habe ihn erstmals kurz nach seinem Amtsantritt in einer Neujahrsbotschaft 1981 vorgebracht und während seiner Regierungszeit mehrfach wiederholt.

Südkorea will am Freitag eine Delegation nach Panmunjom entsenden, um Einzelheiten einer gemeinsamen Parlamentssitzung zu klären.

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