: Birmaner hören auf Aung San Suu Kyi
■ Tochter des Volkshelden und Staatsgründers setzt sich an die Spitze der Opposition / Aung San Suu Kyi fordert vor Hunderttausenden Demokratisierung / Militär soll sich Demonstranten anschließen
Rangun/Bangkok (afp/wps) - Mehrere Hunderttausend Birmaner haben sich am Freitag vor der Shwedagon-Pagode in Rangun, der höchsten Kultstätte der buddhistischen Mönche, versammelt, um für die Ablösung der Regierung Maung Maung und eine Demokratisierung des Landes zu demonstieren. In einer aufsehenerregenden Rede forderte Aung San Suu Kyi, die Tochter des 1947 ermordeten „Gründervaters“ des unabhängigen Birma, Aung San, zu friedlichen Protesten und Durchhaltevermögen auf. „Es darf kein Blutvergießen mehr geben“, rief sie der Menge zu. Die Tochter des Freiheitshelden ist erst kürzlich nach Birma zurückgekehrt, nachdem sie fast 40 Jahre in London gelebt hatte.
Beobachter sehen in der dynamischen 42jährigen eine mögliche „Corazon Aquino Birmas“, die das Vakuum an der Spitze der birmanischen Protestbewegung füllen könnte. Die prominente Birmanerin soll sich vor einigen Tagen mit einem früheren Armeechef, dem 1976 geschaßten Oberkommandanten Tin Oo, getroffen haben, der zusagte, bei einem Sieg der Protestbewegung für den Zusammenhalt der Armee zu sorgen. Aung San Suu Kyi forderte die Demonstranten vor der Shwedagon-Pagode auf, ihr Anliegen nicht gegen die Armee, sondern mit der Armee durchzusetzen.
Während der Massenkundgebung blieben fast alle Banken, Geschäfte und Büros - auch die der Regierung - geschlossen. Zeugen berichteten, unter den Demonstranten seien Reiche und Arme, Regierungsbeamte, Polizisten, prominente Persönlichkeiten, Mönche und viele Studenten gewesen. Militär war bei der Demonstration nicht zugegen.
Im Inseil-Gefängnis der Hauptstadt, aus dem am Donnerstag fast 1.700 poltische Häftlinge freigelassen worden waren, brach ein Feuer aus. Der am Vortag freigekommene Aung Gyi organisierte kurz nach seiner Entlassung eine Massenkundgebung, bei der er Präsident Maung Maung sein Vertrauen aussprach und ihn aufforderte, sofort eine Übergangsregierung zu bilden, um dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten.
Wie ein Diplomat telefonisch mitteilte, sei Aung Gyi von der Menge allerdings nicht positiv aufgenommen worden. Ein Mönch hätte ihm das Mikrophon aus der Hand gerissen und ihn wegen seiner Verbindungen zur Armee und Ne Win beschimpft.
Auch Brang Seng, Führer der National-Demokratischen Front, in der zehn ethnische Gruppen zusammengeschlossen sind, schloß sich der Forderung nach einem Mehrparteiensystem an. Bereits seit der Unabhängigkeit Birmas im Jahr 1948 kämpft die NDF für die Autonomie ihrer Stämme in bestimmten Regionen.
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