: Polen probt den nationalen Dialog Walesa sprach mit Minister Kiszczak
Warschau (dpa) - Zum ersten Mal seit Verhängung des Kriegsrechts ist es am Mittwoch zu einer direkten Begegnung zwischen dem Vorsitzenden der verbotenen Gewerkschaft Solidarnosc, Lech Walesa, und einem Mitglied der Staats- und Parteiführung gekommen. Walesa sprach in Warschau mit Innenminister Czeslaw Kiszczak. An dieser Begegnung nahmen außerdem der Bischof Jerzy Dabrowski und der Generalsekretär der „Patriotischen Bewegung für die nationale Wiedergeburt“ (PRON), Stanislaw Ciosek, teil. Die amtlichen Nachrichtenagentur PAP meldete nach dem drei-stündigen Gespräch, man habe über die Modalitäten für die Einberufung eines Treffens am runden Tisch von Vertretern verschiedener Gruppen der Gesellschaft geredet. Walesa und seine Berater hatten von dem Ergebnis dieser Unterredung abhängig gemacht, ob die Streiks in den Gruben und Werften Polens fortgesetzt werden.
Bei seiner Ankunft in Warschau sagte Walesa lediglich, er wolle Innenminister Kiszczak klarmachen, wie man sieben verlorene Jahre nachholen könne. Die Begegnung fand genau am 8.Jahrestag der Unterzeichnung der Vereinbarungen zwischen streikenden Arbeitern und einem Vertreter der Regierung am 31.August 1980 statt.
Die polnischen Zeitungen gingen gestern ausführlich auf den Jahrestag ein und riefen zu einer Verständigung unter den Polen auf. Der August 1980 habe die Epoche der Reform in Polen eingeleitet. Die Zeit des doktrinären Denkens und der Scheuklappen sei endgültig vorbei, schrieb das Parteiorgan 'Trybuna Ludu‘. Gestern gab es weiter Streiks auf drei Werften in Danzig, in den Häfen von Danzig und Stettin, einem Autobusdepot in Stettin, einem Bergwerk in Jastrzebie und dem Stahlwerk Stalowa Wola. Dort hat der Ausstand sich in den letzten Tagen ausgeweitet.
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