: Gerangel um IWF-Antrag
■ Die AL-Fraktion im Abgeordnetenhaus weigerte sich, einen Antrag der IWF-AG der AL zu übernehmen / Inhaltliche Differenzen zur Frage der Schuldenstreichung
Der Delegiertenrat der Alternativen Liste hat mit ihren FraktionärInnen im Abgeordnetenhaus am Mittwoch abend Tacheles geredet. Am Ende einer zwar hitzigen, aber durchaus einseitigen Debatte wurde einstimmig entschieden: Die Fraktion muß den von der Anti-IWF-Gruppe der Partei vorgelegten Antrag zur Weltbanktagung ins Abgeordnetenhaus einbringen, Korrekturen müssen in Abstimmung mit der Gruppe erfolgen.
Wem nützt die Schuldenstreichung?
Der Antrag der Anti-IWF-Gruppe und der Fraktionärin Sabine Nitz-Spatz ist als Antwort auf den Allparteienantrag von CDU/SPD/FDP, der seit Wochen in Arbeit ist, gemeint und soll die Haltung der AL zur internationalen Schuldenkrise und der Rolle von IWF und Weltbank zu Protokoll geben.
Doch was innerhalb der Anti-IWF-Gruppe Konsens ist, stößt bei der Mehrheit der Parlamentsfraktion auf Widerspruch. „Eine umfassende, globale und bedingungslose Schuldenstreichung für die Länder der Dritten Welt“ sei ein erster Schritt zur notwendigen Veränderung der weltwirtschaftlichen Verhältnisse, heißt es in dem Antrag. Die Fraktion will das differenziert sehen. Nicht in allen Ländern sei es sinnvoll, die Schulden zu streichen. Es müsse bei jedem Land überlegt werden und gefragt werden, ob die Schuldenstreichung letztlich nur den Oligarchien nütze.
Auch die Frage, ob die Schuldenstreichung an Bedingungen zu knüpfen sei, war und blieb kontrovers. Die Mehrheit der Fraktion war durchaus der Meinung, daß Bedingungen (ökologisch, sozial oder demokratisch) sinnvoll sein könnten. Die Anti-IWF-Gruppe und mit ihr der Delegiertenrat bestand aber darauf, daß das einzige Kriterium dafür, daß Schulden nicht gestrichen würden, das sei, daß die Befreiungsbewegungen der Länder dies nicht wünschten. Bedingungen zu stellen sei eine Art von neuem Kolonialismus, die Fortsetzung der alten Politik. Stattdessen, so heißt es in dem Entschließungsantrag, solle ein „neuer Entwicklungspolitischer Weg“ verfolgt werden, der den Ländern „dauerhaft und in ausreichendem Maße finanzielle Mittel als Zuschüsse“ zur Verfügung stelle. Damit, so argumentierte die Fraktion, mache man die Länder der Dritten Welt zu Sozialhilfeempfängern der Ersten Welt.
Kompetenzfragen und Kompromißvorschläge
Wolfgang Wieland verwahrte sich am Ende noch dagegen, daß der Delegiertenrat oder die Anti-IWF-Gruppe der Fraktion vorschreiben will, wie der Antrag wörtlich lauten sollte. „Niemand kann uns vorschreiben, welche Anträge wir einbringen“, sagte Wieland, der Delegiertenrat habe nur die Kompetenz, politische Linien festzulegen. Er will jetzt zusammen mit der Anti-IWF-Gruppe „einen so guten Antrag schreiben, daß die Mehrheit der Fraktion sich dahinterstellt“. Am nächsten Dienstag wird die Fraktion über den Antrag abstimmen.
bf
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