: Ein Drama in schwarz und rot
Trotz 1:0-Sieges gegen den 1. FC Nürnberg geht der Tiefflug des Eintracht-Adlers weiter ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt(taz) - Eintracht-Frankfurt hat ein „Optionsrecht“. Nein, nicht auf die Punkte aus den Bundesligaspielen, sondern auf den Ankauf des „polnischen Detari“, Darek Dziekanowski. Doch der Spielmacher und Torjäger von Legia Warschau soll zunächst noch am 7. September für die Polen und gegen die Bayern aus München seiner Rolle als „Volksheld der Polen“ gerecht werden - unter den Augen der „sportlichen Leitung“ der kaufwilligen Frankfurter. Das jedenfalls behauptet Eintracht-Geschäftsführer Röder, der trotz der erbärmlichen Plazierung der launischen Diva vom Main in der Bundesligatabelle an der „Linie der Gelassenheit“ festzuhalten gedenkt, die die Eintracht immer ausgezeichnet habe. Röder zur taz: „Hier verfällt niemand in die totale Hektik“.
Doch dafür besteht die Mannschaft, die schon im letzten Jahr nur dank der Treffsicherheit von Detari bei Standardsituationen den Abstieg verhindern und den Einstieg ins internationale Geschäft (Pokalsieg gegen Bochum) wiederfinden konnte, fast nur aus Hektikern. Gegen Nürnberg machte die Eintracht zwar Druck und das Spiel, doch ein richtiges Tor wollte oder konnte keiner der verunsicherten Stürmer „reinmachen“. So entschied Schiedsrichter Paulys unberechtigter Elfmeterpfiff das Spiel. Mit Glück und einem ausgezeichneten Uli Stein im Tor retteten die Mainischen ihren zweiten Saisonsieg über die Zeit.
Nach dem Schlußpfiff konnte man die Steine fallen hören, von den Herzen der Eintracht-Präsidiumsmitglieder in der VIP -Loge des Waldstadions. Doch auch der Sieg gegen Nürnberg erlöst die Frankfurter nicht von ihren Problemen: Cheftrainer Karlheinz „Kalli“ Feldkamp hat sich „für unbestimmte Zeit“ (Röder) krank gemeldet; der schußgewaltige Scholz ist noch immer verletzt und Eintracht-Präsident Gramlich sieht auch schon ganz blaß aus - selbst dann, wenn er eigentlich rot anlaufen müßte, vor Scham über den Unsinn, den er etwa nach dem katastrophalen Spiel in Uerdingen (1:4 -Niederlage) auch noch öffentlich zum Besten gab: „Die Eintracht hat in der zweiten Halbzeit guten Fußball geboten.“ Die Quittung für Gramlichs Verbalausfall hing am Samstag auf Transparent gemalt am Löwengitter der Westkurve: „Vorstand raus!“
Hinter den Kulissen des Vereins gärt es, und die „Zwietracht“ - immer Standard bei der Eintracht - feiert fröhliche Urstände. Schatzmeister Knispel riß nach seiner Dziekanowski-Einkaufsreise nach Warschau die Klappe zu weit auf. Und der nicht konsultierte Feldkamp spielte den Beleidigten. Im Vorfeld der „drohenden“ Mitgliederversammlung im November formiert sich auch die Opposition, und zwar hinter John Alexander Hinkel, dem Ex -Kassenwart der Eintracht, der gerade eben den hessischen Oberligisten Bad Homburg an die Tabellenspitze geführt hat als Präsident, versteht sich. Unter dem Motto: „Rettet die Eintracht“ trat das langjährige Eintracht-Mitglied Hinkel den Vereinsbossen des Bundesligisten kräftig in den Hintern: „Im Moment gibt es weder im Vorstand noch in der sportlichen Leitung eine echte Führungspersönlichkeit.“ Noch hat Hinkel eigene Ambitionen auf den Eintracht-Präsidentenstuhl weit von sich gewiesen. Doch die Ein- und Auslassungen des Oberligapräsidenten sprechen Bände: „Der Unterschied zwischen Bundesliga und Oberliga liegt doch nur auf dem Gehaltssektor.“ Hinkels „Erstschlag“: In Anzeigenkampagnen fordert er jetzt die umgehende Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung.
Das amtierende Präsidium hat dagegen keine aktuellen Forderungen gestellt und erst Recht keine Antworten auf die drängendsten Fragen am Untermain geben können. So blieb es den Grünen im hessischen Landtag vorbehalten, der Eintracht vor Wochenfrist in einer Presseerklärung die Reaktivierung von Bernd Hölzenbein zu empfehlen, „denn der hat immer so wunderschöne Tore mit dem Arsch gemacht“ (Messinger/Grüne). Sollte der Eintracht-Adler am kommenden Spieltag in Bochum wieder gerupft werden, werden beim Nobelverein vom Riederwald wohl endgültig die Messer ausgepackt. Das Drama in schwarz und rot dürfte ein Dauerbrenner der Bundesliga werden.
FRANKFURT: Stein - Binz - Körbel, Schlindwein - Studer, Roth, Bakalorz, Hobday, Sievers (88. Klepper) - Andersen (75. Gründel), Turowski
NÜRNBERG: Köpke - Dusend - Giske, Kuhn - Schwabl, Dittwar, Brunner, Kristl (76. Wagner), Schneider (84. Stenzel) Sane, Eckstein
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