: Erneuter Kampf ums Sorgerecht
■ Das Jugendamt Reinickendorf will zwei schwulen Pflegevätern jetzt auch das zweite HIV-infizierte Kind wegnehmen / Pflegeerlaubnis wurde bereits eingezogen
Die beiden schwulen Pflegeväter Günther K. und Wolfgang D. fürchten, daß das Jugendamt Reinickendorf ihnen jetzt auch das zweite HIV-infizierte Kind, den zweijährigen Manuel, wegnehmen wird. Der Mutter wurde unlängst das Sorgerecht entzogen. Weil diese jedoch vor Gericht Beschwerde eingelegt hat, kann Manuel bis zu einem rechtskräftigen Urteil nicht abgeholt werden. Das Jugendamt Reinickendorf hat sich jedoch bereits für einen Hausbesuch am Dienstag angekündigt.
„Man kann nie wissen, wie es bis dahin gerichtlich aussieht“, sagt Günther K. „Unsere Chance ist, daß es für uns noch keinen Ersatz gibt - es sei denn das Kind soll ins Heim.“ Den Entzug des Sorgerechts sehen die beiden Väter als weitere Maßnahme des Reinickendorfer Jugendamtes, das systematisch die Pflege des kleinen Manuel von zwei schwulen Pflegevätern unterbinden wolle. Ein anderes HIV-infiziertes Kind, David, wurde ihnen bereits genommen. Seit ihrem Umzug von Schöneberg nach Reinickendorf ist ihnen keine Pflegeerlaubnis mehr ausgestellt, der Mietanteil für Pflegekinder gestrichen und ein für Beratungen geeigneter „Supervisor“ nicht genehmigt worden. Obwohl es für den Staat viel billiger wäre, durften sie Manuel nicht bei sich krankenversichern lassen. In den Begründungen würde es immer heißen, daß den beiden Vätern die Pflegeerlaubnis ja gar nicht mehr obliege.
Das Jugendamt Reinickendorf plant, ein psychologisches Gutachten über die beiden Männer von einem beim Bezirk angestellten Psychologen anfertigen zu lassen. Weil sich die beiden Väter dem widersetzen, behauptet das Jugendamt, sie würden sich der Begutachtung entziehen. „Dabei haben wir schon selbst bei einem Psychologen ein Gutachten über uns in Auftrag gegeben“, sagt Günther K. Dieses werde jedoch vom Jugendamt in Reinickendorf ignoriert.
Das zum Thema schwule Pflegeväter von der Familiensenatorin Schmalz-Jacobsen in Auftrag gegebene und seit Anfang Juli vorliegende Gutachten werde auch nicht beachtet. Darin heißt es, daß in bezug auf das Wohl des Kindes homosexuelle Pflegeeltern in keiner Weise weniger geeignet seien als heterosexuelle. Dieses Gutachten, an das sich eigentlich die Beamten des Jugendamtes in Reinickendorf halten müßten, werde jedoch bewußt unter Verschluß gehalten. Die Familiensenatorin habe es bisher nicht für nötig gehalten, es der Öffentlichkeit vorzulegen.
E.K.
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