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Mit Händen und Füßen

■ Stockhausen schmeißt 'FAZ'-Frau aus dem Konzert

„Sie sind ein unmögliches Wesen. Was fällt Ihnen eigentlich ein, einen solchen Unsinn zu schreiben ... Sie haben mein Lebenswerk zerstört ... Das Konzert beginnt nicht, solange Sie im Raum sind. Ich lasse mein Klavierstück nicht beschmutzen.“ So Karlheinz Stockhausen am Mittwochabend in der Frankfurter Alten Oper. Gemeint war 'FAZ'-Kritikerin Lotte Thaler, die den berüchtigten Montag aus Licht nicht im Sinne des Meisters rezensiert hatte. Lotte Thaler ging, weil - so die 'FAZ‘ vom Freitag - „sie befürchten mußte, Stockhausen werde seiner Tochter verbieten, das Konzert zu spielen, und das Publikum werde so um den Kunstgenuß gebracht“. Es kam, wie es kommen mußte. Die Frankfurter Musikjournaille, 'Rundschau'-Jungheinrich und 'FAZ'-Sandner, beschimpfen den Rausschmeißer, empören sich über den Musikmessias mit Hausherrnallüre, schreien „Flegelei!“, „Widerwärtig!“, „Amokläufer!“

Wo bleiben da die Frauen, verehrte Herren Kollegen? Wieso gilt die Aufregung nicht ihnen? Wer hat Lotte Thaler gezwungen, zu gehen und wer Stockhausen-Tochter Marjella, trotzdem Klavier zu spielen? Noch dazu mit Papi samt Noten als Aufpasser in vorderster Publikumsfront? Was heißt hier Kunstgenuß! Marjella und Lotte gemeinsam gegen den Meister, mit Händen und Füßen das Spiel und den Abgang verweigernd das wäre ein Genuß gewesen. Ich hätte den Saal erst verlassen, wenn die Polizei mich rausgetragen hätte.

Fazit: Nicht nur Stockhausens Urmutter-Machogehabe, sondern auch das Täter-Opfer-Schema ist übles Männer-Machwerk.

Christiane Peitz

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