: Weiß-blau-betr.: "An Bayerns Pranger: Die soziaöe Indikation", taz vom 8.9.88
Betr.: dito
Dieses ist wieder mal eine typisch weiß-blaue Reaktion. Alles, was dieser „holden“ Gemeinschaft - CSU, Justiz und katholischer Kirche - nicht ins Konzept paßt, wird mittels neuer Gesetze oder durch Umgehung der alten, bekämpft. Sollten die Mittel, dessen sich hierbei bedient wird, nicht ganz so astrein sein, wird schnell die weiß-blaue Moral in den Vordergrund gestellt und...
„Eine bayerische Frau läßt eben nicht abtreiben. Wo kämen wir denn da hin! Soziale Notlage??? Die gibt es bei uns nicht.“ Wenn eine alleinstehende Frau, oder eine finanziell etwas schwächer gestellte Familie kein Kind mehr verkraften kann, dann soll sie - nämlich die verzweifelte Frau - auch keine Freude haben, wenn sie die daraus entstehenden Konsequenzen nicht überschauen oder austragen kann. Hätte jetzt doch glatt „Heil Strauß und Amen“ gesagt. Entschuldigen Sie bitte, aber manchmal habe ich eine Phantasie... Es ist ein Skandal, daß sich diese Allianz wohl alles erlauben kann!? Und der bayerische brave Bürger sitzt gemächlich vor der Glotze, fährt mal für zwei Wochen in Urlaub - natürlich nur dort, wo es auch weiß-blaues Essen gibt - und sagt: „Jo mei, dös is hold so. Dey Großkopfert'n wen's scho richt'n. Und läßt sich wie eine Herde Schafe zur Schlachtbank führen, wobei er sich noch darüber freut, wie gut es ihm doch geht, dem weiß-blauen Bürger. Na denn, Prost Mahlzeit!
Fierus Martin, JVA Bayreuth
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