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Dialog in Polen fortgesetzt

■ Erweiterte Runde tagt in Warschau / Vorbereitungen für Round-table-Gespräch / Kirche weiter für Gewerkschaftspluralismus / Offizielle Presse druckt Walesa-Interview / Veränderungen in Solidarnosc und Regierung erwartet / Beide Seiten schweigen über Gespräche

Warschau (dpa/afp/taz) - Die Gespräche zwischen der polnischen Opposition und der Regierung sind gestern in Warschau im erweiterten Kreis fortgesetzt worden. Auf der Tagesordnung standen Ort, Zeitplan und Teilnehmer für das geplante „Round-table-Gespräch“. An dem Gespräch nahmen neben Walesa und dem Innenminister Kiszczak ein Kirchenvertreter sowie 21 weitere Personen teil.

Der Sprecher des Episkopats, Alojzy Orszulik, sagte zu den Gesprächen am „runden Tisch“, der Gewerkschaftspluralismus sei notwendig, und die Arbeiter müßten das Recht haben, sich in Gewerkschaften zu organisieren, die sie wünschten.

Orszulik, der als Vertreter der Kirche bereits an den Vorbesprechungen für den „runden Tisch“ teilnimmt, fügte hinzu, persönlich habe er die Hoffnung, „daß die politische Führung versteht, daß man eine Verständigung und die angestrebten Reformen nur dann erreichen kann, wenn ein Handlungsraum für die Millionen von Werktätigen geschaffen wird, die nicht zu den Partei-Gewerkschaften gehören - und damit auch ein Platz für die Solidarnosc.“ Gestern sollten sich zum ersten Mal auch Vertreter der offiziellen Gewerkschaften an dem Gespräch beteiligen. Vorher hatte Lech Walesa zweimal im Beisein eines Vertreters der Kirche und eines Beraters mit Innenminister Kiszczak gesprochen. Dabei hatte er auch das Problem von Repressionen gegen Teilnehmer an den Streiks angesprochen. Orszulik sagte dazu, es seien Lösungen gefunden worden. Er hoffe, daß damit dieses Problem die Gespräche nicht mehr belaste.

Erstmals seit acht Jahren hat die offizielle Presse in Polen ein Interview mit Arbeiterführer Lech Walesa abgedruckt. Gegenüber der Wochenzeitschrift 'Konfrontacje‘ (Konfrontationen) forderte Walesa die Legalisierung seiner Arbeiterbewegung, die jedoch keine Kopie der alten Solidarnosc sein solle. Als vorbildhaft bezeichnete der Friedensnobelpreisträger das Gewerkschaftssystem in der Bundesrepublik, wo sich die Betriebsräte aus den Vertretern verschiedener Gewerkschaften gemäß ihrer Mitgliederstärke zusammensetzten.

Über das Treffen zwischen Arbeiterführer Walesa und Innenminister General Kiszczak vom Donnerstag hüllten sich alle Beteiligten in eisernes Schweigen. Innenministerium, Kirche und Walesa gaben lediglich ein dünnes Kommunique heraus, dem nur zu entnehmen war, daß man sich getroffen und die für Polen wichtigsten Probleme besprochen habe. Auch innerhalb der Opposition herrscht momentan große Zurückhaltung, was öffentliche Äußerungen angeht. Hinter vorgehaltener Hand ist allerdings zu vernehmen, daß es aufgrund der Auseinandersetzungen in Danzig letztes Wochenende zu Veränderungen innerhalb von Solidarnosc kommen werde. Veränderungen werden auch innerhalb der Regierung erwartet. Nachdem in der letzten Woche bereits das Politbüro der KP die Arbeit der Regierung einer scharfen Kritik unterzogen hatte, ging gestern auch die außerordentliche Kommission des Parlaments Sejm mit ihrer Beurteilung der Regierung an die Öffentlichkeit. In dem Kommunique hieß es, notwendig sei eine Aufnahme neuer Kräfte in die Regierung. Wie aus Parteikreisen verlautet, wird es bei der Sejmsitzung am Montag zu Umbesetzungen in der Regierung kommen. Beobachter in Warschau vermuten, daß dabei Regierungschef Messner durch den als Reformer geltenden Wladyslaw Baka ersetzt wird. Angaben führender Funktionäre zufolge plant die Regierung für die Sejmwahlen im nächsten Jahr auch eine Erhöhung der Anzahl unabhängiger Kandidaten.

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