GASTKOMMENTAR: Verrechnet
■ Südkoreas Opposition hat Olympia genutzt
Wie kann das Friedensfest Olympia unter einer Regierung über die Bühne gehen, die von einer Militärdiktatur zusammengeschmiedet wurde und nun einer gestärkten demokratischen Opposition gegenübersteht? Bereits das Regime des ehemaligen Präsidenten Chun Doo Hwan hat alle nur erdenklichen Möglichkeiten ausgeschöpft, diese Spiele auszutragen, um sein Legitimationsdefizit zu vertuschen. Trotz der Kritik, die Veranstaltung der Spiele sei eine Drei –Milliarden-Dollar-Droge zur Machterhaltung, ist es der Hofberichterstattung gelungen, dem Volk zu suggerieren, unser Land sei bereits an der Schwelle zur Industrienation angelangt, die Olympischen Spiele seien eine Eintrittskarte in den Club der entwickelten Länder.
Es ist die Ironie des Schicksals, daß die Olympischen Spiele, die der Talisman der Regierung Chun zu sein schienen, jetzt der Klotz am Bein von Roh Tae Woo werden. Die demokratischen Kräfte haben Erfolge erzielen können, indem sie die friedliche vorolympische Phase zum Generalangriff benutzt haben. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch Streiks und der Ausbau der Pressefreiheit sind die erste Beute. Und die bisher von der Regierung monopolisierte Debatte über die Wiedervereinigung mit Nord-Korea steht nun dem ganzen Volk offen.
Es ist eine grundlose Befürchtung ausländischer Beobachter, daß die Roh-Tae-Woo-Regierung nach Olympia die demokratische Opposition zerschlägt. Denn das Volk hat mittlerweile soviel Stolz und Selbstvertrauen gewonnen, daß der große Wunsch nach Demokratisierung und Wiedervereinigung als nationale Religion fest verwurzelt bleiben wird.
Chang Yoon-Hwan, Chefredakteur der alternativen und vom Volk finanzierten südkoreanischen Zeitung 'The Hankyoreh Shinmun –Seoul'
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