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Perestroika für die Bremer DKP

■ Kreisdelegierte mit großer Mehrheit gegen „Spaltungsvorwurf“ der Parteizentrale hier bitte das Kongreß-Foto

500 DKP-Delegierte tagten öffentlich Foto: Matthias Leupold „Bittere Wahrheiten sind besser als verzuckerte Lügen“, erklärte der Hochschullehrer Wolfgang Jantzen am Samstag abend den ca. 500 Delegierten und Gästen des DKP-Kreises Bremen. Um die Vorbereitung des Parteikongresses im Januar 1989 sollte es gehen, und um die aktuelle Parteidiskussion. Jantzen fordete „Perestroika in Politik und Praxis der Partei“.

In der Bremer DKP ist dafür eine klare Mehrheit zu bekommen, das machte die Verteilung des Beifalls in der Versammlung im Bürgerhaus Neue Vahr deutlich. Bundesweit gehört der hiesige Bezirksvorsitzende Dieter Gautier aber zu einer Minderheit. Der Parteivorsitzende Herbert Mies hatte von „zwei Linien“ gesprochen, und mit zwei Linien „kann auf die Dauer keine kommunistische Partei leben“.

In Bremen hatte der Düsseldorfer Funktionär Willi Gerns die Vorstands-Linie vertreten. Er stieß aber auf heftige Kritik. Ein Delegierter sprach sogar von der „Provokation, die Willi Gerns geliefert hat“. Der in der Partei sehr angesehene Klöckner-Betriebsratsvorsitzende Peter Sörgel sprach den Düsseldorfer Genossen „das Recht ab, von zwei Linien in der Partei zu sprechen“. Er bekam für diese Feststellung langanhaltenden Beifall. Nur einzelne, vor allem ältere, Genossen konnten nicht mitklatschen. Es sei eine „Besinnungsphase“ erforderlich, meinte Sörgel. Und zwar nicht, weil man jahrelang ganz unpopulär gegen die Anerkennung der Solidarnosc gestritten habe, die jetzt in Polen selbst anerkannt werde, nicht weil man Afghanistan „zur Klassenfrage hochstilisiert“ habe und jetzt werde in der Sowjetunion ganz anders geredet. Es gebe eine „strategische Unsicherheit“, der Kapitalismus entfalte in seinen Kernländern eine „unerhörte Kraft“ und die Gewerkschaften seien gerade in den Bereichen der Zukunftstechnologien schwach vertreten. Angesichts dieser Lage müsse es ein „Recht auf Besinnung und auch auf Irrtümer“ geben.

Mit großer Mehrheit beschlossen die Delegierten am Sonntag eine 50-Prozent-Quotierung für Frauen. „Die Männer müssen sich ändern“, rief die Delegierte Hella Dierksen nach einer engagierten Frauenrechts-Rede den in der Mehrzahl männlichen Delegierten zu.

Die organisatorische Gliederung der Partei soll zudem so geändert werden, daß das Land Bremen ein eigener Bezirk wird. Das bedeutet, daß der überregional in der Partei -Minderheit engagierte Bezirksvorsitzende Gautier auch Kreisvorsitzender wird, seine Position also gestärkt wird. Er wurde am Sonntag mit 218 gegen 40 Nein-Stimmen gewählt. In Zukunft sollen auch „Arbeitsgruppen“ zugelassen werden, so daß sich die Mitglieder, die an einem speziellen Thema interessiert sind, ordentlich gemeinsam treffen können.

In einer Serie von Anträgen, die von der Verurteilung des rumänischen Staatspräsidenten bis zur Ökologie reichen („angesichts der gegenwärtigen Entwicklungstendenzen fällt eine optimistische Zukunftssicht schwer“), lagen den Delegierten auch programmatische Papiere auf dem Tisch.

K.W.

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