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Kein Berliner Platz für IWF-Diskussion

■ Die Sendung „Berliner Platz“ soll nicht über Schuldenkrise und IWF diskutieren / Verstärkte Eingangskontrollen beim SFB schon im Vorfeld des IWF

Aus Angst vor Bürgeremotionen soll in der SFB-Talkshow „Berliner Platz“ am kommenden Mittwoch nicht über das diskutiert werden, was Stadtgespräch sein wird: der IWF und die Frage nach der Schuldenkrise. Per Dienstanweisung untersagte der zuständige Abteilungsleiter Kultur beim Fernsehen und gleichzeitige Leiter des „Berliner Platzes“, Justus Boehncke, daß dieses Thema bei der nächsten Live -Sendung am 28.September diskutiert wird. Neben Finanzexperten von IWF und Weltbank sollten auch deren Kritiker und Vertreter des Gegenkongresses zu Wort kommen. Seit des fast fünfjährigen Bestehens der Sendung ist damit zum zweiten Mal ein Thema per Dienstanweisung verhindert worden - 1987 wurde bereits eine Diskussion über Franz Alt und politische Magazine in der ARD abgesetzt.

Der „Berliner Platz“, erklärte auf taz-Nachfrage, SFB -Programmdirektor Groos lebe von Themen, die auf „einen extrem strittigen Punkt gebracht“ würden. Zu einem solchen Pro und Contra seien aber nicht alle Themen geeignet. Die jetzige Dienstanweisung sei deshalb zwar kein „alltäglicher Vorgang“, liege jedoch „im Bereich des Möglichen“ und werde von der Programmleitung „akzeptiert“. Zur Begründung der Dienstanweisung erklärte Boehncke lapidar: „Ich habe keine Lust, dazu Stellung zu nehmen“. Nach Informationen aus SFB -Kreisen werde vor allem befürchtet, daß das geladene Publikum durch Polizeimaßnahmen in der Stadt so sensibilisiert sei, daß in der aufgeheizten Atmosphäre keine sachliche Diskussion möglich sei. Die Redaktion will sich jetzt mit einem Protestbrief an den Redakteursausschuß des SFB wenden. Die hinter dem Verbot stehenden Überlegungen bezeichnete der „Berliner Platz„-Redakteur Udo Potthast als fragwürdig. Die Befürchtung, die Spielregeln der Sendung könnten nicht eingehalten werden, dürfe nicht dazu führen, die Meinung von BürgerInnen nicht in einer öffentlich -rechtlichen Anstalt zu präsentieren.

Vor und während der IWF-Tagung gibt es beim SFB verstärkte Eingangskontrollen, aber keine „besonderen Sicherheitsvorkehrungen“, teilte die SFB-Pressestelle mit. Dies sei bei allen Großveranstaltungen in der Nähe des SFB üblich. Während die IWF-Live-Diskussion mit Bürgerbeteiligung unerwünscht ist, wird die Eröffnungsveranstaltung der IWF-Tagung live übertragen sowie ein englischsprachiger Nachrichten- und Wetterdienst (täglich um 7.30 Uhr und 18.30 Uhr) eingerichtet.

bim

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