: Atempause
■ Streit um Abtreibungsfinanzierung vorerst beigelegt
Im Poker um die Abtreibungsfinanzierung hatte die CDU-Spitze drei Vorgaben: keine Gefährdung der Gesundheitsreform, Besänftigung der Abtreibungsgegner, Stillhalten der FDP. Der Trick, mit dem dies gelang, ist rechtspolitisch einmalig. Rechtsexperten bekommen Magenschmerzen, weil die „Rechtssystematik“ mit Füßen getreten wird, aber mehr wird nicht passieren. Der Paragraph 200 der Reichsversicherungsordnung (RVO), der die Krankenkassenfinanzierung von „nicht rechtswidrigen Abbrüchen“ vorschreibt, bleibt bestehen. Allerdings als künftig einziger Paragraph in einer Rumpf-RVO. Denn ansonsten wird die RVO in ihrer Gesamtheit von dem Gesundheitsreformgesetz abgelöst. Die Lebensschützer –Fraktion in der Union kann also zu der in diesem Punkt bereinigten Reform „ruhigen Gewissens“ Ja und Amen sagen.
Aber Ruhe werden die AbtreibungsgegnerInnen noch nicht geben. Wie ihre Besessenheit von dem Ziel, die Reform des Paragraph 218 rückgängig zu machen, ihre politische Phantasie beflügelt, zeigte sich ja an ihrem jetzigen Erpressungsversuch. Je nach Mehrheitsverhältnissen in der Fraktion und dem politischen Klima im Lande, werden sie auf Verschärfung drängen, z.B. eine Selbstbeteiligung von Frauen fordern. Die jetzige Lösung verschafft nur eine Atempause. Bleibt die FDP. Sie macht auf beleidigt, weil sie nicht genügend konsultiert wurde. Ihre frauenpolitische Sprecherin, Uta Würfel, darf sich verbalradikal gebährden durchsetzen wird sie sich nicht. Die FDP wird grummelnd zustimmen, denn auch sie hat kein Interesse an einem Koalitionskrach. Würde sie sich anders entscheiden – klipp und klar fordern, daß die Kassenfinanzierung von Abbrüchen Teil der Gesundheitsreform bleiben muß – es wäre eine Sensation.
Helga Lukoschat
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