: FDP: Methadon probieren
■ Züricher Methadon-Programm in Bremen debattiert FDP-Anhörung / Knast-Leiter dafür
Wird es ein Methadon-Programm für die Bremer Drogen-Politik geben? Der Drogenbeauftragte Thies Pörksen will es verhindern, der Leiter des Knastes Oslebshausen, Erhard Hoffmann, hält es dagegen für sinnvoll, die „Ersatzdroge“ ausgeben. Kriminalrat Michael Haase sagt, die Beschaffungskriminalität würde nicht sinken. Die FDP, so der Abgeordnete Friedrich van Nispen, möchte gerne 'mal Methadon „ausprobieren“.
Bekannte Positionen prallten am Dienstag abend aufeinander, als die FDP zum Methadon-Hearing lud. Neu und spannend wurde die Podiumsdiskussion durch die Erfahrungen, die der Zürcher Arzt Werner Fuchs in seinem Referat beitrug. Er setze jetzt seit zehn Jahren Methadon in der Behandlung Drogensüchtiger ein und habe damit ermutigende Erfahrungen gemacht. (vgl. taz vom 22.9.)
Werner Fuchs zeigte sich wenig begeistert über die Informationen, die in der Bundesrepublik von einigen in Sachen Drogen reisenden Fachministern in Umlauf gebracht wurden. Auch der Bremer Sozialsenator Henning Scherf hatte sich persönlich nach Zürich begeben, um sich sachkundig zu machen. Nein, es gebe in Zürich nicht mehr Methadon- als Herointote, sondern weniger. Auch sei bei ihnen nicht das Chaos ausgebrochen, und Methadon werde nicht quasi im Bauchladen feilgeboten.
Thies Pörksen bemühte sich, seine Kritik weg vom Schweizer Mediziner und hin zur Vergabe von Methadon in Zürich zu lenken. Diese sei „flächendeckend“, und die synthetische Droge übe
eine Sogwirkung auf die Szene aus. Sein Beleg: 1979, als das Programm lanciert wurde, gab es in der Schweizer Stadt rund 700 Drogenabhängige, heute seien allein 900 Personen vom Methadon-Programm erfaßt.
Hermann Munzel von der Suchtabteilung des Krankenhauses Bremen-Ost vertrat noch deutlicher diese Position. Er fürchte, daß sich durch Methodongaben ein neuer Schwarzmarkt entwickle. Drogenabhängigkeit entstehe nicht durch Zufall. Er sieht als zentrale Ursache die famililiäre Struktur des Abhängigen. Ziel könne nicht sein, diesen Leute den Zugang zur Droge zu erleichtern, sondern zu erreichen, daß sich ihre Lebenssituation ändert, so daß sie ohne „Stoff“ auskommen.
Dagegen stehen Fuchs‘ Erfahrungen mit Methadon. Die Behandlung mit dieser Substanz habe international im Vergleich zu anderen Methoden überdurchschnittliche Erfolge gezeigt. Sogwirkung auf den Drogenmarkt habe jegliche Therapie, wenn sie erfolgreich sei. Je mehr Drogenabhängige geheilt würden, desto größer würde der Angebotsüberhang auf dem Markt. Zynisch wäre es jedoch, deshalb therapeutische Maßnahmen aufzugeben.
Thies Pörksen ließ sich nicht beeindrucken. Er räumte zwar ein, daß ihm sowohl die Entscheidungs- als auch die medizinische Fachkompetenz fehlten. Dennoch ein klares Votum gegen Methadon: Er werde als Drogenbeauftragter alles ihm zu Gebote stehende unternehmen, damit das Betäubungsmittelgesetz in diesem Punkt nicht geändert werde.
M.S.
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