: Johannesburg: Fluchtburg US-Konsulat
Vier Anti-Apartheid-Aktivisten aus südafrikanischem Gefängnis in US-Konsulat geflüchtet / USA will Nutzung des Konsulats als „Medienforum“ verhindern / Scharfe Beschränkungen vor Kommunalwahlen ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Ein vierter Anti-Apartheid Aktivist, Clifford Ngcobo, ist gestern aus der Gefangenschaft in das US-Konsulat in Johannesburg geflüchtet. Unterdessen betonte die US -Regierung am Mittwoch in einer Erklärung, daß sie die Nutzung des Konsulats als ein „Medienforum“ nicht zulassen werde. Offenbar sind die USA besorgt, daß das Konsulat in den nächsten Wochen zur Schaltzentrale südafrikanischer Oppositionspolitik werden könnte. Die drei prominenten Anti -Apartheid-Aktivisten, die nach mehr als einjähriger Haft ohne Gerichtsverfahren schon letzte Woche in das Konsulat flüchten konnten, sind jedoch fest entschlossen, ihre Sonderstellung politisch voll auszunutzen. Die drei, der amtierende Generalsekretär des Oppositionsbündnisses „Vereinigte Demokratische Front“ (UDF), Mohammad Valli Moosa, der amtierende UDF-Pressesprecher Murphy Morobe und Vusi Khanyile, Vorsitzender des „Nationalkomitees zur Erziehungskrise“ (NECC), das in den letzten Jahren Schulboykotte unter Schwarzen organisierte, haben sich auf einen langen Aufenthalt im US-Konsulat eingerichtet.
Die USA haben wiederholt betont, daß sie die UDF -Flüchtlinge nicht zum Verlassen des Konsulats zwingen würden. In der gestrigen Erklärung wurde den Aktivisten jedoch verboten, „ihre Rechtsanwälte als Zwischenmänner für Interviews“ zu nutzen. Dennoch betonte ein Sprecher des Konsulats gegenüber der taz, daß die UDF-Führer weiterhin über ihre Rechtsanwälte Presseerklärungen abgeben.
Die Aktivisten haben von den USA zusätzlichen Druck auf die südafrikanische Regierung gefordert. Sie verlangen auch die Aufhebung des seit mehr als zwei Jahren verhängten Ausnahmezustandes und die Freilassung aller politischen Gefangenen.
Aufgrund des Ausnahmezustandes sind die Aktivitäten von 20 Organisationen, darunter UDF und NECC, und zahlreichen Einzelpersonen scharf eingeschränkt worden. Die Flüchtlinge im Konsulat können diese Bestimmungen jedoch ignorieren. So könnten sie als einzige UDF-Führer, die offen sprechen können, den Widerstand neu beleben. Das ist vor allem wichtig, da sich die politische Situation im Vorfeld landesweiter Kommunalwahlen für Schwarze, Weiße, Mischlinge und Inder am 26.Oktober zuspitzt. Für das Reformprogramm der Regierung spielen diese Wahlen eine entscheidende Rolle. Deshalb wurden Aufrufe zum Boykott der Wahlen verboten. Ein Boykottaufruf aus dem Konsulat könnte auch dieses Verbot unterlaufen.
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