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Vom Sinn der Weltbank

Auf dem Gegenkongreß stritten KritikerInnen über neue Aufgaben für die Finanz-Agenturen / Wo ist das revolutionäre Subjekt?  ■  Von Ulli Kulke

Die Gretchenfrage stand im Forum 4 des Gegenkongresses am Samstag auf der Tagesordnung: Wie hältst Du's mit der IWF und Weltbankreform? Sind IWF und Weltbank reformierbar oder nicht? Der Hamburger Professor Rainer Tetzlaff, renommiertester Weltbank-Kritiker der Republik, würde sich zwar freuen, wenn die Drittwelt-Völker morgen die Bank in die Luft sprengen würden. Es gebe aber keine Hinweise auf ein revolutionäres Subjekt, das realistischerweise so etwas vollbringen könnte, meinte Tetzlaff zum Unwillen großer Teile des Auditoriums. Deshalb müsse man sich mit der Existenz der Weltbank abfinden. Aus seinen Vorwürfen an die Bank - wirtschaftlich wie auch ökologisch fatale Projektpolitik, völlig falsches Entwicklungsmuster - leitet er jedoch die Forderung nach einer komplett anderen „Konditionalität“ ab (dem System der Bedingungen, die die Weltbank bei ihrer Kreditvergabe aufstellt).

Für die verschuldeten Länder stelle sich nicht die Frage, ob sie sich an die Bedingungen anpassen müßten, die ihnen die mächtigen der Welt aufoktroyierten, sondern nur, ob die Anpassung mit oder ohne IWF und Weltbank vonstatten ginge. Tetzlaff: „Bis jetzt hat noch jedes Land die Erfahrung machen müssen, daß am IWF kein Weg vorbei führte.“ Man müsse im übrigen mit pauschaler Verteufelung vorsichtig sein. Es gebe auch Einzelfälle, in denen die Weltbank wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zugunsten der ärmeren Bevölkerungsschichten gegen den Widerstand der korrupten Eliten durchsetze.

Tatjana Chahoud von der Freien Universität Berlin kritisierte Tetzlaffs Hoffnung, die Weltbank könne mit ihrer Anpassungs- und Projektpolitik einzelnen Ländern dabei helfen, vom Weltmarkt unabhängiger zu werden und einen Binnenmarkt aufzubauen. Dies laufe dem Sinn der Weltbank völlig zuwider, den ihr diejenigen, die in der Bank das Sagen haben, zuordnen.

Einen recht optimistischen Ton brachte dagegen ein Diskussionsredner in die Debatte, der sehr wohl das „revolutionäre Subjekt“ auszumachen meinte, „und zwar hier. Am Sonntag bei der Demo und in der ganzen Aktonswoche“ werde es losgehen. Die „Bevölkerungen des Trikont“ würden auf Berlin schauen, und wenn klar sei, daß die Stadt „nur noch mit Panzern“ zu beherrschen sei, würde der Welt ein Licht aufgehen.

Recht anspruchsvoll war auch der Vorschlag des Uruguayers Mauricio Rosencof: Am tollsten wäre es, wenn der Gegenkongreß ein Kartell der verschuldeten Staaten gründen könnte.

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