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Namibia - Kolonie Südafrikas

Namibia - militärisch besetzt und politisch ferngesteuert von Pretoria - ist auch wirtschaftlich völlig von der Burenrepublik am Kap abhängig. Durch eine Zollunion, zu der auch Botswana, Lesotho und Swaziland gehören, sind Pretoria und Windhoek miteinander verbunden. Der südafrikanische Rand ist auch Zahlungsmittel in Namibia. Weil eine verarbeitende und eine Konsumgüterindustrie weitgehend fehlen, muß Namibia die selbstverständlichsten Dinge des täglichen Bedarfs importieren: 90 Prozent seiner Einfuhren bezieht das Land aus Südafrika. Im Gegensatz dazu geht nur ein Viertel der namibischen Ausfuhren ans Kap. Für den Löwenanteil an Namibias Exporten

-vor allem Diamanten, Uran und Karakulpelze - interessieren sich die Europäische Gemeinschaft und Japan. Die Bundesrepublik bezieht 30 Prozent ihres Urans aus Namibia. Die Kolonie verdient also mit ihren Bodenschätzen kräftig Devisen für die rassistische Macht am Kap.

Gleichwohl steckt Namibias Wirtschaft in einer tiefen Krise. Die Dürrejahre bis 1984 setzten der Landwirtschaft zu, der Kursverfall des Rand drückte die Erlöse für Bodenschätze, und die politische Unsicherheit vertreibt das Kapital. Um in Namibia im Sattel zu bleiben, blähten die Südafrikaner den Beamtenapparat auf und hievten hauptsächlich Weiße in Schlüsselpositionen. Über 42.000 Staatsdiener bevölkern die Amtsstuben.

Die Bürokratisierung und der Krieg gegen die Swapo fordern ihren Preis. Hinzu kommen die Kosten der militärischen Besetzung, die mit 400 Millionen Rand im letzten Jahr zu Buche schlugen.

Namibia - ein wirtschaftlicher Zwerg, der jämmerlich verhungert, wenn Südafrika die Spendierhosen auszieht? So stellt es die Propaganda am Kap dar. Doch das rohstoffreiche Namibia könnte ein wohlhabendes Land sein.

Eine Untersuchungskommission fand unlängst heraus, daß dem Land im Bergbau aufgrund vergleichsweise niedriger Steuern und Zölle Verluste in Milliardenhöhe entstanden sind. Mangelnde staatliche Aufsicht führte zur Selbstbedienung südafrikanischer und internationaler Konzerne.

Dieses System hat Geschichte: Die Landnahme durch Europäer begann 1883. 1884 erklärte Reichskanzler Bismarck den „deutschen Schutz“ über die erworbenen Gebiete.

Der Erste Weltkrieg beendete die deutsche Kolonialherrschaft: 1915 mußte der deutsche Gouverneur Deutsch-Südwestafrika an den Befehlshaber der südafrikanischen Truppen übergeben. Der neugegründete Völkerbund übertrug 1920 das Verwaltungsmandat über Namibia der britischen Krone, in deren Namen es von Südafrika ausgeübt werden sollte. Nach dem Zweiten Weltkrieg beantragte Südafrika, sich das Land endgültig einverleiben zu dürfen. Doch die Vereinten Nationen lehnten ab. Seither hält Südafrika das Territorium mit militärischer Gewalt besetzt.

1966 beendete die Vollversammlung der Vereinten Nationen das südafrikanische Mandat über Namibia. Der UNO -Sicherheitsrat erklärte die Anwesenheit Südafrikas in Namibia für illegal. 1971 entschied der Internationale Gerichtshof in Den Haag in gleicher Weise.

1973 erkannten die Vereinten Nationen die namibische Befreiungsbewegung Swapo als einzig authentische Vertreterin des Volkes von Namibia an.

Mit der Resolution435 beschloß der UNO-Sicherheitsrat 1978 den bis heute gültigen Unabhängigkeitsplan: freie und unabhängige Wahlen unter Aufsicht der Vereinten Nationen. Mit der Forderung der Kopplung („linkage“) freier Wahlen unter UNO-Aufsicht für Namibia an den vorherigen Abzug kubanischer Truppen aus dem Nachbarland Angola blockieren seitdem Reagan und Südafrika erfolgreich den Unabhängigkeitsprozeß.

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