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Grüne zur Naturpflege verdonnert

Die Aachener Ratsfraktion der Grünen wurde wegen eines VoBo-Deliktes verurteilt Der Richter verlangt eine angemessene Buße und schickt sie in den Wald  ■  Von Walter Jacobs

Aachen (taz) - Eine ganz neue Variante zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens ist am Montag dem Aachener Schöffengericht eingefallen. Angeklagt waren gleich die gesamte Gemeinderatsfraktion und deren Bezirksvertreter in der Domstadt - elf Männer und Frauen -, denen die Staatsanwaltschaft den gemeinschaftlichen Verstoß gegen das Landespressegesetz vorwarf. Die Ökopolitiker hatten in ihren 'Grünen Blättern‘ im Mai 1987 in mehreren Beiträgen über Volkszählungsboykott-Initiativen berichtet und dazu aufgefordert, die Kennziffern aus den Fragebögen herauszuschneiden. Statt eines „ordentlichen“ Impressums war in dem Blatt als Herausgeber lediglich „die Ratsfraktion der Grünen und deren Bezirksvertreter“ angegeben.

Weil der Staatsanwaltschaft die eigentlich geplante Anklage wegen des öffentlichen Boykottaufrufes nicht erfolgversprechend genug erschien, verfiel sie auf das Landespressegesetz - und verbuchte einen Teilerfolg. Zwar stellte der Vorsitzende des Schöffengerichts, Harald Brandt, das Verfahren am Montag ein - allerdings erteilte er den Öko -Politikern eine herbe Auflage. 16 Stunden lang müssen alle elf Angeklagten als Buße ökopflegerisch tätig werden. Die Angeklagten akzeptierten „zähneknirschend“ und sind nun auf der Suche nach einem Stück versauter Natur, das sich in 16 Stunden wieder renaturieren läßt. Mit dem Fegen des Aachener Stadtwaldes, wie von Richter Brandt empfohlen, wollen sich die grünen Übeltäter nicht zufriedengeben. Das, so verriet Ratsmitglied Heiner Jüttner der taz, sei „zu einfallslos“. Ganz frei sind die Grünen bei der Suche nach der geeigneten Ökokatastrophe indes nicht. Wieder einmal ist es die Justiz, die der grünen Phantasie enge Grenzen setzt: Richter Brandt hat sich persönlich die Genehmigung der guten grünen Tat vorbehalten...

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