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"Wir mobilisieren die Gleichgültigen"

■ Jetzt gibt es sie auch in Polen: die Grüne Partei / Mit dem Initiator der "Polnischen Ökologischen Partei" (PPE), dem Krakauer Umweltschützer Dr. Zygmunt Fura, zugleich auch Sprecher der Partei...

I N T E R V I E W

„Wir wenden uns an alle, denen die Idee, den Niedergang der Umwelt aufzuhalten, am Herzen liegt“, heißt es in einer Erklärung, die zur Zeit in Krakau verbreitet wird. „Wir wollen als jüngste Partei Polens eine bedeutende Kraft werden, die gegen die Vergiftung von Erde, Wasser und Luft kämpft.“ Die jüngste Partei, das ist die in Krakau am 14. September gegründete „Polnische Ökologische Partei“. Nach polnischem Recht ist für die Gründung einer Partei nichts weiter notwendig als eine Versammlung der Gründer. Daß die neue Partei in Krakau gegründet wurde, ist kein Zufall: Krakau ist nicht nur die am härtesten durch Umweltverschmutzung betroffene Stadt Polens, sondern auch die mitgliederstärkste Abteilung des polnischen ökologischen Klubs. Viele Klubmitglieder sind nun auch in die Partei eingetreten, der Sprecher der Partei, Dr. Zygmunt Fura, ist zugleich Vorsitzender des Krakauer Klubs.

taz: War die Gründung der PPE, der Grünen Partei, schon länger geplant, oder ist das eine Art Folgeerscheinung der jüngsten Ereignisse in Polen?

Dr. Zygmunt Fura: Jetzt ist einfach die beste Zeit für so was. Die offizielle Ankündigung von Pluralismus ist eine Chance, die man nutzen muß.

Der Polnische Ökologische Klub, dessen Vorsitzender Sie ja auch sind, hat immer betont, er sei unpolitisch, halte sich von Politik fern. Gerät diese Haltung nicht dadurch in Gefahr, daß sie jetzt in Personalunion auch Vorsitzender der PPE sind?

Erstens: Ich bin nicht Vorsitzender der Partei. Wir bereiten zur Zeit einen Parteitag vor, und da wird es höchstwahrscheinlich den Vorschlag geben, auf einen Vorsitzenden ganz zu verzichten. Wir sollen statt dessen nach dem Vorbild der westdeutschen Grünen drei Parteisprecher wählen. Im Moment bin ich Sprecher, aber ich mache das privat, das hat mit dem Klub nichts zu tun. Wir haben nicht vor, den Klub in eine Partei zu verwandeln, auch wenn Klubmitglieder zugleich auch Parteimitglieder sind. Bürgerinitiativen wie der Klub werden auch weiterhin notwendig sein vor Ort. Die Partei dagegen kann auf eine Veränderung des Wirtschaftssystems hinwirken, kann weitergehende Forderungen vertreten, als dies der Klub oder einzelne Initiativen können. Gerade die Tatsache, daß der Klub so schwach in den Gemeinderäten vertreten ist, zeigt, daß eine politische Plattform notwendig ist. Umgekehrt kann der Klub für die Partei eine Art fachliches Rückgrat sein, eine intellektuelle und wissenschaftliche Unterstützung.

Was ist das denn für eine politische Plattform?

Eine gemeinsame Front gegen die Umweltzerstörung. Es ist ja kein Zufall, daß die Partei gerade in Krakau entstanden ist, der am meisten durch Umweltverschmutzung zerstörten Stadt in Polen. Wir treten über die ökologischen Belange hinaus für friedliche Veränderungen hin zu mehr Pluralismus und Demokratie ein. Unser Programm ist zur Zeit noch in Vorbereitung. Aber wir fordern auf jeden Fall eine Restrukturierung der Wirtschaft, ganz besonders der Industrie, auf der Grundlage von Umweltverträglichkeit und Dezentralisierung. Das ist auch eine politische Forderung: die Machtausübung weiter zu dezentralisieren, die lokale und betriebliche Selbstverwaltung stärken.

Werden die Gemeinderäte des Klubs jetzt Vertreter der Partei?

Das wissen wir noch nicht. Wir haben hier bei den letzten Wahlen einen Vertreter im Krakauer und einen im Nowa-Huter Gemeinderat. Aber ob das Parteivertreter werden, ist noch nicht geklärt.

Gibt es denn bis jetzt schon eine Reaktion der Behörden auf die Entstehung der Partei?

Wir haben alle informiert, von General Kiszczak bis Primas Glemp. Eine Reaktion steht bis jetzt noch aus. Wir haben auch unseren Wunsch angemeldet, an den Verhandlungen um den „runden Tisch“ teilzunehmen, aber wir warten noch auf eine Antwort.

Es gibt Leute, die sagen, je mehr Gruppen teilnehmen, desto unverbindlicher würden die Verhandlungen. Am besten sollten nach dieser Meinung nur Regierung und Solidarnosc teilnehmen, vorausgesetzt, Solidarnosc ist legalisiert.

Kann sein, daß die Verhandlungen kompliziert werden. Mir scheint aber, es geht im Moment vor allem um mehr Pluralismus, nicht um Solidarnosc allein.

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